Brisa Roché über Can


Mit 17, als ich in Seattle lebte, waren mein bester Freund und ich Fans von Hakim Bey. Sein Buch "The Temporary Autonomous Zone" war eine unserer Bibeln.

Dessen „Poetischen Terrorismus“ hatten wir so einverleibt wie es nur 17-Jährige tun konnten. Dann zog ich in den Süden, in einen kleinen Wohnwagen, auf dem Land meiner Mutter im Nirgendwo, mit einer Kerosin-betriebenen Laterne und Aussentoilette.Dieser Übergang von all unseren städtischen Exzessen hin zu diesem stillen, abgelegenen Berg war hart für mich. Ich hatte meine Gitarre bei mir, einige Bücher und einen batteriebetriebenen Ghettoblaster. Als mich mein bester Freund besuchte, brachte er mir ein Mixtape mit. Auf der einen Seite waren Songs von John Lee Hooker, Stücke wie „I need you“ und „Slow and Easy“. Auf der anderen Seite war „Yoo Doo Right“, ein Song aus Cans Debütalbum von 1969, „Monster Movie“.

Ich liebte Can längst, ihre Musik war der perfekte Soundtrack für jugendliche Extravaganz. Aber diesen speziellen Song hörte ich zum ersten Mal. Mein bester Freund ging, und ich verbrachte einen langen, seltsamen Sommer alleine in den Bergen, in meiner kleinen Rakete, weinend. Ich hörte in der Nacht Waschbären über das Dach laufen und wachte bei Sonnenaufgang auf und pinkelte nackt im Gras, das nass war vom Morgentau. Manchmal trampte ich zum Fluß, am Nachmittag und Abend, und hörte „Yoo Doo Right“ immer und immer wieder. Wenn ich Platten aufnehme und Songs schreibe bin ich ungeduldig. In der Regel schreibe ich kurze, strukturierte Stücke. Aber dieser emotionale, ungebundene, stammesartige, klagende Song von Can ist für mich wie ein hell erleuchtetes Haus, das über alle Meere hinweg zu den anderen Songs hin erstrahlt.

Das „Monster Movie“-Album enthält einen weiteren GROSSARTIGEN Song, „Mary, Mary So Contrary“, den ich gerne beim laufen höre. Manche Can-Alben sind schwer von Anfang bis Ende durchzuhören. Aber nach „Yoo Doo Right“ kann man immer wieder auf die Repeat-Taste drücken, solange bis die Finger blau werden.Am 17. September erscheint „All Right Now“, das neue Album von Brisa Roché.