CD-Platten


Eingeschworene CD-Fans, die schon Wochen vor Weihnachten ihr Bankkonto geräumt hatten, durften sich ärgern oder einen Kleinkredit aufnehmen. Womit niemand rechnen konnte: Ausgerechnet zur sonst an Neuveröffentlichungen armen Jahreswende brachten etliche Firmen geradezu eine Flut neuer CDs auf den Markt. Das Woodentops-Debüt GIANT mit einem zusätzlichen Song (Rough Trade CD 87) zählte dazu genauso wie die letzte Pretenders-Produktion GET CLOSE (WEA 240976-2). James Browns GRAVITY (Intercord 847.313) und die jüngsten Platten von Leo Kottke, Kinks und Bob Geldof.

Reichlich beschert wurden Blues-Liebhaber. Harmonika-Mann James Cotton demonstrierte seine Künste auf HIGH COMPRESSION (Sonet/Intercord Import 970057), Sonny Terry war mit ungebrochener Spiellaune auf WHOOPIN‘ zu hören (Intercord Import 970056), wo er sich ein Session-Stelldichein mit anderen Veteranen wie Willie Dixon und Johnny Winter gab, und von der Robert Cray Band erschienen gleich zwei weitere CDs, nämlich über den rührigen Disco Box-Import einmal das 1980 produzierte WHO’S BEEN TALKIN- (Charly CD 28) und dann die neueste Einspielung STRONG PERSUADER. bei der Polygram in Lizenz von Hightone Records übernommen (Mercury 830 568-2). Was darauf schließen läßi. daß der Gitarrist mittlerweile eine feste Hörer-Gemeinde haben dürfte.

Richtig ins Geld gingen bei den derzeit noch (!) hohen Preisen aber im Zweifelsfall ganz andere Veröffentlichungen. Aus Japan importiert wurden die in limitierter Auflage bie JVC gefertigten sieben Original-Studioproduktionen von Creedence Clearvater Revival. Wobei die letztlich zählende Wiedergabequalität entschieden besser ausfiel als bei den aus Frankreich oder USA gekommenen CDs!

Komplett liegen jetzt auch Jackson Brownes Platten auf CD vor, aus deutscher Fertigung genauso wie als Parallelimport aus den USA. Tonmeister Greg Ladanyi nahm sich der Bänder nochmals an, verbesserte die Klanequalität von SATURATE BEFORE USING und FOR EVERYMAN mittels Nachentzerrung, ließ LATE FOR THE SKY 1:1 im Originalzustand passieren und verschlimmbesserte teilweise THE PRETENDER mittels Equalizing, indem er bei einigen Songs die Höhen ungebührlich stark anhob. Den deutlichsten Klang-Zugewinn hört man beim nach wie vor fabelhaften Live-Album RUNNING OF EMPTY. wo das Ambiente der Konzertsäle und Aufnahmeräume weit besser zur Geltung kommt als bei allen bislang gepreßten Analogscheiben. Wer dies akustische cinemu veriie erstmals in originaler Mutterband-Qualität hört, wird verblüfft sein: So gut können wirklich Live-Mitschnitte ausfallen!

Teilweise grauslich ist dagegen die Aufnahmequalität der ersten drei Led Zeppelin-Produktionen, die jetzt — genauso wie eine ganze Flöte von YES-Aufnahmen — als CD-Paket herauskamen. Was da an Verstärker-Brumm und anderen technischen Mängeln ungeschminkt auf Digitalplatte hörbar wird, mutet fast schon steinzeitlich an. Wenn man’s nicht besser wüßte, würde man nie und nimmer darauf wetten, daß es sich um Aufnahmen aus den Jahren 1969/70 handelt.

Apropos Steinzeit: In einer Art Gewaltakt brachte die CBS kurz vor Weihnachten sämtliche Stones-Aufnahmen der Post-Decca-Ära als CDs auf den Markt; was einschließlich der Sampler und Live-Mitschnitte aus den 70er und frühen 80er Jahren mehr als ein Dutzend Rolling Stones-Wiederveröffentlichungen auf Digitalplatte ergab. Die besten darunter sind natürlich — und zwar in dieser Reihenfolge – EXILE ON MAIN ST! (CDCBS 450196-2), STICKY FINGERS (450195-2) und SOME GIRLS (450197-2). Wobei das Doppelalbum EXILE … mit knapp 67 Minuten locker auf eine CD paßte, die Aufmachung sparsam und lieblos ausfiel (Songtexte fehlen auch dort, wo sie ursprünglich den LPs beilagen, das übliche Spielchen halt) und die Überspielqualität fallweise einiges besser ist als vormals bei den Analogscheiben der diversen Lizenznehmer.

Hüten sollte man sich vor den Samplern: MADE IN THE SHADE wurde nicht von den Originalbändern, sondern von einer Kopie mit stark abfallenden Höhen überspielt. Bei SUK-KING IN THE SEVENTIES dagegen wurden nicht nur die Höhen bis zur Unerträglichkeit angehoben, hier wurden Songs teilweise um eine halbe („Crazy Mama“) bis ganze („Fool To Cry“) Minute gekürzt!

Opfer einer anderen, nicht weniger eigenwilligen Form von Sampler-Politik wurde“Tom Waits. THE ASYLUM YEARS ist auf CD (WEA 960 494-2) nochmals ein Verschnitt aus dem gleichnamigen Doppelalbum — allerdings bei 70 Minuten Spielzeit in bestmöglicher Wiedergabequalität!