CDs aus 2. Hand


Den Werbeslogan muß ein tief religiöser Mensch erfunden haben. Ein Techniker kann es jedenfalls nicht gewesen sein, denn dem wären doch größte Bedenken angesichts des Versprechens gekommen. „HiFi auf ewig!“ verkündeten die Systemerfinder der Compact Disc bei Einführung der Ditigalplatte. Die frohe Botschaft war Balsam in den Ohren vieler Musikhörer, die sich jahrelang über Knister und Knacker, Staub und Verzerrungen bei ihren schwarzen Scheiben gegrämt hatten.

Da aber nichts in diesem Universum ewig ist außer dem Tod (woran bekanntlich manche auch seit Jahrtausenden zweifeln), machte man bald Einschränkungen, behauptete zwar nicht das Gegenteil, empfahl Millionen neuer CD-Käufer aber im beiliegenden Met vorsichtshalber:

„Die Compact Disc sollte mit der gleichen Sorgfalt gelagert werden wie die konventionelle Schallplatte.“ Und präzisierte im folgenden näher, was man mit den kleinen Scheiben besser alles nicht tun sollte, damit es nicht zu vorübergehendem oder dauerndem „Tonausfall“ kommen könne. Die neue Wunderplatte ist halt auch nur ein Plastik-Produkt mit hauchdünner reflektierender Aluminium-Schicht und gegen so manche Unbilden anfällig, von denen die Plattenmacher vorher noch gar nichts wußten.

Weil sie so kompliziert herzustellen sind, wandern immer noch 20 bis 30 Prozent der Compact Discs in den Müllcontainer. Außerdem sind die Fertigungskapazitäten so begrenzt, daß das Angebot bei weitem nicht der Nachfrage gerecht werden kann. Was Wunder, daß sich mittlerweile in einigen Gegenden ein florierender Gebraucht-CD-Markt entwickelt hat. Wer manche Raritäten von Steely Dan, Who oder Cat Stevens auf Laserplättchen besitzen will, muß oft früh aufstehen und intensive Geschäftsbeziehungen zu gut sortierten CD-Läden pflegen, damit er wenigstens eines der in wenigen tausend Auflagen gefertigten CD-Exemplare der betreffenden Aufnahme ergattern kann.

Der sich ausbreitende Gebraucht-Markt schafft vielleicht ein klein wenig Abhilfe – jedenfalls dann, wenn die CD auch wirklich keinerlei Gebrauchsspuren aufweist und technisch absolut einwandfrei gefertigt war. Was letzteres betrifft, so müssen die CD-Fabriken schon ihrerseits viele Arbeitskräfte beschäftigen, die unter der Lupe die sprichwörtliche Spreu vom Weizen trennen.

Wer CDs „gebraucht“ kauft und nicht über einen Player mit exzellenter Fehlerkorrektur verfügt (was sich alleweil erst bei defekten Exemplaren herausstellt), der sollte sich vor dem Kauf versichern, daß er nicht „die Katze im Sack kauft“.

Denn auch CDs können sich siehe die Warnung der Hersteller bei unsachgemäßer Lagerung und/ oder größerer Wärmeeinwirkung so verziehen, daß sie – zumal zum äußeren Rand hin, sprich gegen Ende des Musikprogramms – (fast) unspielbar werden. Je nach Güte des Players können Kratzer in der Versiegelung über den Informationsfläche und mechanische Beschädigungen aller Art zu Signalstörungen führen, die auch die beste Fehlerkorrektur nicht mehr „heilt“. Je nach Player können solche Zusammenbrüche in der digitalen Informationsflut zu akustisch unterschiedlichen Störungen führen. Beschädigungen beim auflackierten Label auf der anderen Seite sind bisweilen schon schwerer mit dem

Auge auszumachen, namlich immer dann, wenn der Labelaufdruck sowieso schon etwas unsauber ist.

Dagegen sind Metallisierungsfehler doch rasch erkennbar. Wenn man die CD gegen Licht hält (mit der Spiel-Seite zum Gesicht hin) und ganze „Milchstraßen“-Gebilde (feine Lücken in der Alu-Schicht) entdeckt, muß das zwar nicht heißen, daß das Plättchen unspielbar ist. Um eine gut gefertigte CD handelt es sich aber ganz gewiß nicht.

Manche Defekte entdecken selbst geübte Fachkräfte im Werk nicht mal, und auch mir sind immer wieder CDs untergekommen, die optisch einwandfrei zu sein schienen und bei denen trotzdem jeder Player mehr oder weniger große Störungen meldete. Da hilft nur reklamieren. Es gibt zwar von Studer oder auch Sony Qualitätskontroll-Player für viele tausende Mark, aber ein Normalsterblicher wird solche Apparaturen kaum erwerben, um beim Kauf von gebrauchten CDs vorher die Qualität zu prüfen. Besagte Sony-Apparatur kostet die Kleinigkeit von rund 50000 Mark…

So hat auch der Gebraucht-CD-Markt seine Tücken. Falls mit dem bloßen Auge schon irgendwelche mechanischen Beschädigungen erkennbar sein sollten, nimmt man vom Kauf besser Abstand. „HiFi auf ewig!“ bietet so eine CD ganz sicher nicht.