Cock Robin


Was für ein intimes Tanz-Cafe man doch selbst aus der coolsten Disco machen kann! Hamburgs neuerglänzter Tanzpalast „Trinity“ jedenfalls erwies sich als überraschend gut geeignet, dem zartbesaiteten und wohlerzogenen Cock-Robin-Pop das flauschige Ambiente zu bieten, in dem Peter Kingsberys neue (und alte) Songs so recht schillern konnten.

Cock Robin, die mit ihrem ersten Album und suggestiven Songs wie „When Your Heart Is Weak“ Neu-Romantik und kultivierte Harmonien in die Charts brachten, waren schnell als die „Niedlichen vom Dienst“ abgestempelt – kein Wunder, denn wer sich schon den Namen „Rotkehlchen“ gibt, muß mit derartigen Assoziationen leben. Doch es scheint sie nicht zu kümmern, denn auch auf dem dritten Album FIRST LOVE. LAST RITES geht Kinsberys Suche nach dem perfekten Popsong weiter – und so innig, wie er seine singende Frontfrau Anna LaCazio gleich im ersten Song zum Eng-Tanz bat, siegt halt allemal das Schwelgen über das Zweifeln, siegt die Harmonie über die Kraft und das Licht über die Finsternis.

„I look for perfeciion“, singt Kingsbery in „Stumble And Fall“, und mit seiner Band ist er der perfekten Bühnenmannschaft schon sehr nahe gekommen: ausgewogener, kontrollierter Sound, elegante Balance zwischen nie ausufernden Soli und dichtem Gruppensound, wobei scharfe Bläser-Akzente („Straighter Line“) für Abwechslung sorgen. Anna LaCazios charmante Quirligkeit und ihr sympathischer Teddybär-Sex sind mindestens ebenso wichtig wie ihre metallisch schimmernde Stimme, denn die grelle Show ist ansonsten nicht gerade ein Cock-Robin-Aktivposten. Ihre Duette mit Kingsbery jedoch gelangen so herzerwärmend innig, daß man keine Sekunde Feuerzauber, Artistik oder ähnliche Rock-Zutaten des späten 20. Jahrhunderts vermißte.

Im Gegenteil: Eine Band, die sich über eine komplette Konzertdistanz so total auf die Intensität und Macht ihrer musikalischen Einfälle verläßt, vollführt einen Drahtseilakt, bei dem sich auf halber Strecke der Erfolg entscheidet. Nach halber Konzertdauer standen Cock Robin nicht nur sicher auf diesem schmalen Grat, sondern sie schwebten. Und mit ihnen ein Saal voller Mit-Romantiker. die den flüchtigen Genuß hochedler akustischer Träume feierten. Flüchtig wie Zuckerwatte, aber ebenso unwiderstehlich. Schützt die Singvögel!