Coole Köpfe


Das Leben nach dem Hit: Liquido üben sich in Gelassenheit - und hoffen einfach das Beste.

„Narcotic“ ist abgehakt. Als wohl einmaliger Glücksfall und willkommene Starthilfe. 1998 geriet die Nummer mit der unwiderstehlichen Keyboardmelodie zum Überraschungshit. Und katapultierte Liquido quasi aus dem Stand in lichte Charthöhen. Was folgte, war eine einjährige Achterbahnfahrt inklusive Showbiz-Crashkurs: TV, Teeniepresse, Auftritte bei den großen Sommer-Festivals, grelles Scheinwerferlicht allerorten. Inzwischen sind die vier Jungs von Liquido gleichsam aus der Hit-Narkose erwacht. Nun also das zweite Album. Und der Start ins Leben nach dem Hit. Was, wenn „At The Rocks“ nicht so gut verkauft wie das Vorgängeralbum, das immerhin 200.000 Mal über die Ladentische ging? Sänger Tim Eiermann schüttelt das kahle Haupt: „Kein Problem. Wir wollen einfach gute Musik machen, und wir wissen, dass man so etwas wie ‚Narcotic‘ nicht einfach wiederholen kann.“ Und: „Ein zweites ‚Narcotic wäre auch unsinnig – diesen Song haben wir schon gemacht, warum sollten wir ihn noch einmal versuchen?“ Diese Logik hat was. Nur: Sieht die Plattenfirma das genauso? „Keine Ahnung. Aber sie scheint mit der neuen Single und dem Album ganz glücklich zu sein. Und sie hat uns im Studio null reingeredet.“ Erstaunlich. Wo doch smarte A&R-Leute bekanntlich alles besser wissen, immerzu den Hammer-Chorus und den angesagten Mega-Sound anmahnen. „Nein“, so die vier Liquidos unisono, „wir haben völlige Kontrolle über das, was wir machen. Das ist sogar in unserem Vertrag verankert.“ Perfekt – wie alles andere im Liquido-Lager auch. Etwa die neue Single: Sie hat melodischen Wiedererkennungswert und das gewisse Etwas – einen Kinderchor, für dessen Einsatz Liquido im Cegenzug artig eine Spende springen ließen. Prompt stieg der Song „Play Some Rock“ direkt nach Veröffentlichung in die Charts ein. Zwar nur auf den hinteren Rängen, für eine deutsche Rocksingle aber ein allemal respektabler Erfolg. Und Gefahr abzuheben laufen Eiermann und seine Crew – Stefan Schulte, Wolle Maier und Wolf gang Schrödl – ohnehin nicht. Eiermann wohnt nach wie vor zur Miete, für 750 Mark kalt, und Stefan hat sich einen VW Golf gekauft. Ein vierwöchiger Toscana-Urlaub gilt im Liquido-Lager nach wie vor als Gipfel des Luxus‘. Überhaupt: Geradezu hartnäckig, wie die Heidelberger auf ihrer Bodenständigkeit bestehen und sich so vor abrupt endenden Höhenflügen schützen. Dass das alles auch etwas brav und bieder wirkt, ist ihnen völlig egal.