Das Beginner-Konzert in Berlin: High-Five zwischen Nostalgie und Vorfreude


Zwei Tage vor dem Release ihres seit mindestens zehn Jahren überfälligen vierten Albums stellen die Beginner ADVANCED CHEMISTRY im Rahmen einer selbstverständlich ausverkauften Clubshow in Berlin vor.

Die Wirkkraft ihres 1998er-Albums BAMBULE ist auch fast zwanzig Jahre später noch überwältigend: Jeder Dope-Beat, jeder Dope-Rhyme, jeder Dope-Cut ihres Durchbruchswerks wird in diesem, nach einem heißen Sommertag schweißnassen Club in einer Lautstärke gefeiert, die Eizi Eiz und Denyo fast hinter DJ Mads Plattentresen pustet. „Hammerhart“ und „Füchse“ kommen früh im Set, später Klassiker wie „Rock On“, „Liebes Lied“, „Mikro in der Hand“. Klar: Das neue Album ist noch nicht draußen, pardon: gedroppt, seine Songs können noch nicht mitgesungen/-rappt werden. Doch es steht außer Frage, dass sich das schlagartig nach Release ändern wird. „Schelle“, „Meine Posse“, „Rap & fette Bässe“ – das sind Granaten, perfekt geeignet für die Live-Darbietung. Dank der Reaktionen auf die das Konzert eröffnende neue Single „Es war einmal…“, die auch ohne ihr Cameo-Exzess-Video ein unbestreitbarer Hit ist, und „Ahnma“ im Zugabenteil weiß man, dass man sich mit so einer Prophezeiung nicht weit aus dem Fenster lehnt. Die Stücke werden behandelt wie die langjährigen Lebensgefährten aus den 90ern. Hier high-fiven einander die Nostalgie der Vergangenheit und der Bock auf die Zukunft.

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Nach nur 45 Minuten ist die reguläre Show vorbei. Doch was danach kommt, macht die Enttäuschung zu einer sehr kurzzeitigen. Denyo weist noch mal darauf hin, dass ADVANCED CHEMISTRY ja erst in zwei Tagen erscheine, dass man Advanced Chemistry aber heute schon dabei habe. Aha! Wahrscheinlich bedeutet das, dass es die Platte später am Merch-Stand zu kaufen gibt. Nein, es bedeutet, dass die Namens-Paten des Albums, die leibhaftigen Advanced Chemistry, die Heidelberger Deutschrap-Pioniere, auf die Bühne gesprungen kommen. Instant-Ausrastung im Publikum. Gemeinsam wuchtet man sich sogleich durch das programmatische „Wir waren mal Stars“ aus Torchs Soloalbum BLAUER SAMT. Das intensive Kopfnicken wird nur während der mehr als fragwürdigen Refrainzeile „Ihr rockt die Charts und wir hocken in den Bars, langen Mädels an den Arsch und leeren Glas nach Glas“ von Kopfschütteln abgewechselt. Es folgen viele Umarmungen, gegenseitige Gunstzuweisungen, pardon: Props. Ohne Advanced Chemistry keine Beginner, ohne ADVANCED CHEMISTRY würden viele junge Deutschrap-Fans die Ursprünge des Genres nicht kennen.

Der zweite Zugabenblock richtet mit „Gustav Gans“ das Scheinwerferlicht auf das unterschätzte „Dazwischen-Album“, BLAST ACTION HEROES von 2003, die erste Nr.1-Platte im deutschen HipHop und notwendigerweise bislang einzige im Beginner-Katalog. Zumindest  letzteres Alleinstellungsmerkmal wird sie bald einbüßen, wenn ADVANCED CHEMISTRY die Charts regiert. Der letzte Song des Abends ist „Danke!“

Da nich’ für!