Deep Purple


Selbstverständlich war das Konzert ausverkauft — und ebenso selbstverständlich (weil Tradition oder vielmehr lästiges Ritual) mußte der selige Ludwig (van Beethoven) mit seiner „Unvollendeten“ wieder einmal dran glauben — von der armen, in handliche Stücke zerlegten Gitarre am Schluß ganz zu schweigen. Daß die 90minütige Show der einstigen Hardrock-Regenten aber dennoch mehr Schatten als Licht warf, war dagegen keineswegs selbstverständlich.

Dabei deutete zu Beginn noch alles auf einen fulminanten Start-und-Ziel-Sieg hin. Der „Highway Star“ jagte über die Bühne, gefolgt von „Strange Kind Of Woman“ und zwei Songs neueren Datums. „Unwritten Law“ und „Dead Or Alive“. Attacke hieß die Parole: Bassist Roger Glover und Ian Paice schaufelten unaufhörlich treibende Rhythmen ins Publikum. Auch der sonst als launische Diva verschrieene Ritchie Blackmore ließ sich diesmal von der überschwenglichen Begeisterung der 9000 anstecken, lächelte hier und da, machte Faxen, um im nächsten Augenblick ganz in einem seiner oft kopierten, aber nie erreichten Gitarrensoli aufzugehen. Im Prinzip konnte jetzt nichts mehr passieren.

Doch dann der Bruch, kam Sand ins Getriebe. Schuld war Bruder Schluderjahn, der sich in die folgenden Songs schlich. Da konnte Ian Paice seine Baß-Drum bis zum Anschlag und darüber treten oder Sänger Ian Gillan sich mit aller Macht und Stimme in „Perfect Strangers“ und „Knockin‘ At Your Backdoor“ stemmen. Es half nichts.

Spätestens als Ritchie seinen obligatorischen „Roll Over Beethoven“-Ausflug in die Klassik anstimmte und sich dabei mehr als einmal auf der Gitarre verhedderte und falsche Akkorde anschlug, war’s vorbei mit der Herrlichkeit. Nicht einmal Jon Lords Solo-Einlage auf der Hammond-Orgel und dem Yamaha-Synthi, sein Ritt zwischen Klassikzitaten und volkstümelndem Kitsch (Beispiel: „In München steht ein Hofbräuhaus“) brachte Besserung. Im Gegenteil, der anfängliche Schwung und Elan lag unter dem Nebel der Nostalgie („Child In Time“) begraben. Und zu allem Überfluß zertrümmerte Herr Blackmore bei der Zugabe „Smoke On The Water“ auch noch sein Instrument und verschwand auf Nimmerwiedersehen. War das vielleicht gar ein Offenbarungseid?