Deep Purple


Mit vier Fünfteln der Stammbesetzung war Deep Purple doch nicht ganz das Original: Denn ohne Sänger Ian Gillan hatte das Ereignis nur Ersatzcharakter. So sahen es wohl auch die Fans, die die Alsterdorfer Sporthalle mit“.nur“ 4.500 Zuhörern nicht ganz füllten — eine ungewöhnliche Erfahrung für eine Band dieses Kalibers, die bisher doch immer alle Stürme des wechselvollen Hardrock-Business mannhaft überstanden hat.

Joe Lynn Turner, der neue und bereits vielgeschmähte Sänger, schien zu wissen, worauf er sich da einließ. Denn fast schüchtern und alles andere als dominant startete er in einen Set, der mit Hits und Evergreens auf Nummer sicher ging, aber auch auf wohldosierte neue Elemente setzte. Die übrigen vier Veteranen machten etwaige Schwächen nach Kräften wett. Gitarrist Ritchie Blackmore fingerte sich routiniert durch alle Breaks und Soli und bot viel Technik, jedoch keine Überraschungen. Jon Lords fette Keyboardklänge schmierten mit bewährtem Schmalz alle Löcher zu, so daß sich Ian Paice auf stoischen Rhvthmus und muskulöse Breaks konzentrieren konnte: Deep Purple — dieser Name bürgt eben nach wie vor für Brachial-Qualität.

So geriet der ganze Abend zu einer Reise in die Vergangenheit: Alles war fast wieder so wie 1971, als DEEP PURPLE IN ROCK das Volk aufmischte. Und das Quintett hat sich seither auch kaum verändert — selbst seinen chronischen Hang zu Klassik-Anleihen hat es noch immer nicht abgelegt. Und nach wie vor ist Blackmore nur peinlich, wenn er „Freude, schöner Götterfunken“ volkshochschulmäßig intoniert — da fragt man sich doch, was er wohl gegen Beethoven hat. Dabei überzeugt Blackmore nach wie vor als graue Eminenz der minutiös genauen Breaks, der silbrigen Läufe und des sicheren Gespürs für Spannungsbögen.

Unterm Strich bleibt die Frage: Bringt’s Deep Purple noch oder nicht? Diese Frage bleibt vorerst offen. Fest steht nur: Die Diep-Pörpler waren tatsächlich MASTERS AND SLAVES zugleich: Meister der Hardrock-Technik und Sklaven ihres leicht angestaubten Sounds — ein klarer Fall für Nostalgiker. da hilft auch „Newcomer“ Joe Lynn Turner nichts.