Der kosmische Intercity-Trip


Montagmorgen neun Uhr dreissig: Kosmisches Erwachen. Mein radioaktiver Terminkalender funkt mir. dass heute der kosmische Intercity-Trip über galaktische Bundesbahngleise von Ground-Control Ohr Musik gestartet ist. Wie ein Astronaut stürze ich in meinen sternchenbemalten Jeans-NASA-Weltraumanzug und nehme mein Frühstück gegen alle Vorschriften nicht aus der raumfahrterprobten Zahnpasta-Tube, sondern mit handelsüblichem Besteck made in Solingen ein. Minuten später falle ich sanft in den Schleudersessel eines vierkanal . . . sorry . . stop . Ground-Control . . . vierrädigen Taxis und lasse mich in Richtung des nächsten Bundesbahnhofs Jetten Waouh – und jetzt geht die Post ab!!

ROSI, DAS KOSMISCHE VENUSMÄDCHEN

Der kosmische Intercity aus Hamburg mit Weiterflug in Richtung München hat soeben den Checkpoint Münster/ Westfalen erreicht. Einsteigen und aufgepasst – wir heben ab.“ Da sich Ground-Control Ohr Musik‘ nicht lumpen lassen wollte und natürlich längst schon dem Gemini- und Apollozeitalter entwachsen ist, fand ich mich in einem quadrophonisierten Musik-Skylab wieder, das bei der Deutschen Bundesbahn, nur, damit s nicht weiter auffällt, den vorsintflutlichen Namen Salonwagen‘ trägt. Rosi, das kosmische Venusmädchen, war durch eine höchst irdische Grippe von dieser Space-Reise abgehalten worden. Dabei hatte ich gehofft, das sie mir auf diesem Party-Trip durch bundesdeutsche Galaxen interessante Informationen über ihre erste Solo-LP (Ash Ra Tempel starrinq Rosi) mitteilen könnte

WALLENSTEIN IM INTERCITY-SKYLAB

Hatte nicht vor kurzem ne handfeste Meuterei (siehe ME-Oktober 73) im Quadro-Kosmos stattgefunden, wäre ich im Intercity-Skylab sicher auch dem Tangerine Dream-Team begegnet. Stattdessen entdeckte ich unter den installierten Vierkanal-Kopfhörern den kosmischen Komponisten und Wallenstein-Chef Jürgen Dollhase. Seine wohlgewählten Worte im Gespräch mit mir Hessen keinen Zweifel daran, dass er einer der überzeugtesten Kosmischen Kuriere ist, die man sich vorstellen kann, doch im weiteren Verlauf des Interviews bedienten wir uns einer recht coolen musikbezogenen Sprache. Nachdem Jürgen festgestellt hatte, dass kosmisches Bewusstsein und synphonischer Rock, wie er ihn mit seiner Band Wallenstein praktiziert, kein Widerspruch sind, gingen wir zum gemütlichen Teil über und plauderten über die deutsche Rock-Szene im Allgemeinen. Jürgen ist durchaus ein Typ, der meint, was er sagt. Er nimmt auch kein Blatt vor den Mund, wenn er vorsichtshalber darauf hinweist, dass er Wallenstein für die in der deutschen Musikpresse am meisten vernachlässigte Rock-Band hält. Nun, damit sich das ändert, will ich schnell noch die neue LP dieser Gruppe erwähnen, die Cosmic Century heisst Als ich mir an diesem Tag eine Zeitlang selbst einen Quadro-Kopfhörer überklinkte, konnte ich erfreut feststellen, dass das neueste Dollhase-Opus in der Tat nicht von schlechten Eltern war

WITTHUSER & WESTRUPP ‚LIVE‘

Das Folklore-Duo Witthuser & Westrupp stellte auf dieser rollenden Pressekonferenz sein gerade erschienenes Live-Doppelalbum vor, während der schweizer Maler Walter Wegmüller, der u.a. das Cover der letzten Timothy Leary-LP entwarf, seine erste eigene Langspielplatte präsentieren konnte. Das Album heisst schlicht und einfach Tarot‘ und versteht sich als eine quadromusikalische Einführung in das altägyptische Tarot-Kartenspiel, das noch heute von alten Zigeunerfrauen zum Kartenlegen und Wahrsagen benutzt wird. An diesem Album haben übrigens viele der bereits erwähnten kosmischen Musikanten mitgearbeitet. Ebenso an der ersten LP der Ohr-Produzentin Gille Lettmann, die sich auf ihrem Album als ‚Zeitfahrerin‘ präsentiert Auf ihrer ‚Tour de Cosmos‘ schwingt sie sich allerdings nicht auf ein galaktisches Fahrrad sondern in ihr quadrophonisches ‚Zeitschiff‘ (LP-Titel!). Als der Intercity-Zug Merkur‘ nach vielen, vielen Stunden im Münchener Hauptbahnhof zur Landung ansetzte, hatten die Teams des österreichischen und des Zweiten deutschen Fernsehens ihre Zelluloidstreifen verknipst. Jaja. wie man im 20. Jahrhundert effektvoll auf die Werbetrommel haut, dass wissen Rolf-Ulrich Kaiser und Gille Lettmann, die kosmischen Produzenten der Ohr-Musik. Wünschen wir ihnen, dass ihre Bands und Musiker auch wirklich das halten, was der aussergewöhnliche Intercity-Trip «ersprach. Roger bitte melden . . . this is ME’s Lutz speaking … ich muss mich jetzt ausklinken . . .