Der Mediator


Daniel Miller, Entdecker von Depeche Mode und kreativer Leiter des Mute-Labels, zum neuen Album seiner wichtigsten Band: Wo ordnen Sie das neue Album Playing The Angel im Gesamtwerk von Depeche Mode ein? Daniel Miller: Für mich funktioniert es auf verschiedenen Ebenen. Vom Grundgefühl handelt sich um eine typische Depeche-Mode-Platte. Die Songs klingen oft zugänglicher als die auf Ultra und Exciter. Andererseits ist sie nicht weniger experimentell. Sie haben ja dieses intensives Interesse, sich nie selbst zu wiederholen. Ich denke, das merkt man auch. Martin Gore hat davon gesprochen, die Atmosphäre während der Aufnahmen sei besser gewesen als je zuvor. Teilen Sie diese Einschätzung? Durchaus. Die Tatsache, dass Dave und Andy zuletzt mit eigenen Aktivitäten beschäftigt waren, hat sie selbstbewußter gemacht. Sie waren in der Lage, ihre Wünsche und Ideen zum Ausdruck zu bringen. Früher war das anders. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß die Band nicht für ausgiebige Kommunikation im Studio bekannt ist. Es gab immer diesen ungemeinen Respekt vorder Leistung und den Fähigkeiten Martins. Jetzt reden sie mehr miteinander. Sie sind stets bei Meetings dabei, wenn sich die Band auf den nächsten Karriereschritt und das nächste Album vorbereitet. Welchen Einfluß haben Sie in diesen Meetings? Sie müssen damit beginnen, in einer Art Brainstorming über das nächste Album professionell zu sprechen. Ich trage meinen Teil bei. daß es dazu kommt, indem ich zum Beispiel Namen von Produzenten in den Raum werfe, die in Frage kommen könnten. Sie suchen da durchaus Rat. Ich dränge mich aber nicht auf und lasse sie entscheiden. Durch meinen Job bei Mute und die Radiosendung, die ich regelmäßig in Berlin mache (für das Programm von „Radio Eins“ des RBB. d. Verf.), habe ich einen gewissen Überblick, was in der Szene geschieht. Ich kann dadurch Steine ins Rollen bringen. Manchmal muß ich auch einschreiten, wenn sich Konflikte auftun, aber dieses Mal verlief es reibungslos.

Sie haben bis Black celebration alte Alben der Band mitproduziert. Warum hörte das danach auf? Fünf Alben am Stück machen eine Heidenarbeit. Man kann sich dabei leicht auspowern. Am Anfang wollte ich den Jungs im Studio die Befangenheit nehmen. In den ersten Jahren hatten sie nicht so viel Ahnung davon, wie man sich im Studio verhält. Ideen im Kopf zu haben, ist eine Sache; sie dann auf Band zu bringen, eine andere. In so einer Situation ist es gut, wennjemand da ist, der sie versteht. Music For The Masses war das Album, bei dem zum ersten Mal andere Leute zum Zug kamen. Ich hatte ja noch das Label zu leiten und konnte mich nicht nur auf die Band konzentrieren. Das hat teilweise schon zu Frustrationen auf beiden Seiten geführt. Es gibt inzwischen Bands, die wie die frühen Depeche Mode oder wie Ihre eigenen Bands The Normal oder Silicon Teens klingen. Was halten Sie davon? Reine Nostalgie und offensichtliches Kopieren halte ich für keine gute künstlerische Grundlage.