Der Sonntag bei Rock am Ring 2015: Eine höllisch heiße letzte Nacht


„Rock am Ring“ 2015 findet am neuen Standort Mendig einen würdigen Abschluss mit Headliner-Auftritten, die sich sehen lassen können.

„Let me join you, let me sing in your band“, ruft der Mann im Holzfäller-Hemd der Menge zu. Das Publikum brüllt der Band auf der Bühne aus Leibeskräften und sehr textsicher den Song „Best Of You“ entgegen, während Dave Grohl grinsend auf dieses Ereignis herabschaut. Nach einem über zwei Stunden währenden Set verabschieden sich die Foo Fighters bei „Rock am Ring“ und beenden damit das Spektakel auf der Hauptbühne.

Der dritte Headliner des Festivals legt eine Rockshow hin, wie sie im Buche steht und kann selbst die Skeptiker überzeugen. Bereits der eindrucksvolle Beginn der Show spricht für sich: Dave Grohl kommt überraschend auf die Bühne gestürmt und legt los. Ohne Intro. Ohne Ankündigung. Mit einer kurzen Verzögerung reagieren die Fans mit großem Applaus. Was früher der fulminante Abschluss jeder Foo-Fighters-Show war, bildet den Auftakt einer wahren Rock-Show: der ewige Klassiker „Everlong“.

Die Foo Fighters gehen ohnehin nicht sparsam mit Klassikern um. Bereits sehr früh in diesem langen Set stimmen sie beispielsweise „The Pretender“ an, was zu mehreren Moshpits und einer ausgelassenen Stimmung bei Band und Fans führt. Nach einem kleinen Ortswechsel – alle fünf Musiker wandern von der Bühne auf einen langen Laufsteg in der Menge, dessen Mitte sich mitsamt Dave & Co. dreht. Dort holen sie das Geburtstagskind Dave Catching hinzu, den Gitarristen der Eagles Of Death Metal, die mehrere Stunden zuvor ebenso die Hauptbühne mit tanzbarem Rock’n’Roll bespielt hatten. Gemeinsam bieten sie eine mehr als würdige Show mit einer Cover-Version von „Stay With Me“ der Faces und einem Geburtstagsständchen, wie ebenso bereits einige Stunden zuvor geschehen.

Für ihre Vorgänger Beatsteaks initiieren die Foo Fighters ganz vorbildlich einen Applaus. Anlass für Freudenausbrüche bei der Berliner Band gab es vorrangig bei eingefleischten Fans. Weshalb der Schlagzeuger wie ein Zirkus-Mitglied verkleidet ist, während die restliche Band normal beziehungsweise Sänger Arnim wie ein Ballermann-Tourist aussieht, vermag wahrscheinlich auch nur der geneigte Beatsteaks-Fan zu wissen.

Genre-Grenzen zwischen den Bühnen

Kollektives Verrücktwerden beherrschte hingegen die Nebenbühne, auf der sich Lamb Of God, Parkway Drive, In Flames, Motörhead und Slipknot die Klinke in die Hand gaben und damit an diesem dritten Festival-Tag eine klare Genre-Grenze zwischen den Bühnen zogen. Slipknot, der vierte und letzte Headliner, legte kurz nach Mitternacht mit einer Bühnendeko direkt aus der Hölle los. Bereits als dritten Song ließen sie „Psychosocial“ hören, das ebenso Nicht-Metal-Fans geläufig sein könnte. Vermutlich auch, um die vielen Menschen abzufangen, die nur zehn Minuten vorher glücklich von den Foo Fighters zurückgelassen wurden und nun in alle Richtungen ausschwärmten. Mit Recht, denn die Performance der Truppe um Corey Taylor ist mehr als nur spektakulär und lohnenswert. Die üblichen furchterregenden Masken brechen sich mit der äußerst netten und freundlichen Art der Band, mit der sie wiederholte Male betonen, wie sehr sich freuen wieder in Deutschland aufzutreten. Die Kulisse mit den Hebebühnen und Flammenwerfern und den darin platzierten Bandmitgliedern könnte aber auch aus einem Computerspiel stammen. Der Sound hingegen ist alles andere als spielerisch, sondern energiegeladen und bombastisch.

Der Kontrast zu Metal-lastigen Auftritten dieser Art äußerte sich nachmittags auf der Hauptbühne mit einer Band wie Bastille, die ihre hymnenhaften Songs, die kaum einer zu unterscheiden vermag, hinausposaunten. Damit konnten sie vor allem junge und weibliche Besucher anlocken, die ausgelassen in der Sonne tanzten und mitsangen. Letztendlich sollten die Musik-Fans, egal welches Genre sie bevorzugen, auf ihre Kosten gekommen sein.

2016 geht’s erneut nach Mendig

Wie Veranstalter Marek Lieberberg auf einer Presse-Konferenz am Sonntagnachmittag bestätigte, wird „Rock am Ring“ auch kommendes Jahr in Mendig stattfinden. Trotz der anfänglichen Startschwierigkeiten und zahlreichen Beschwerden scheinen die 90.000 Besucher den neuen Standort angenommen zu haben, wenn es auch den ein oder anderen eingefleischten „Rock am Ring“-Besucher gab, der sich vehement gegen Veränderung wehrte. Auch Bands wie Kraftklub sangen Abschiedslieder für den Nürburgring und zeigten sich angetan von dem neuen „Zwei-Bühnen-System“, da die zwei wichtigsten Bühnen in unmittelbarer Nähe zueinander stehen. Fans des Festivals sollten sich den 3. bis 5. Juni 2016 vormerken, wenn im kleinen Dörfchen Mendig erneut zum „Rocken“ geladen wird.