Deutsche Tradition: Element Of Crime gehen unbeirrbar ihren Weg


HAMBURG. Nein, das war kein gewöhnliches Rockkonzert. Karge Gitarrentupfer, minimalistische Akkordeonmelodien, verhalten spröder Gesang: Element Of Crime sind in Musik und Text dem Chanson und Couplet der 20er Jahre weitaus näher als in Klischees schwelgendem Sound. Sieben ^ Jahre hat die Band um Sven Regener £. gebraucht, um sich in die Oberliga der g>

deutschen Popmusik zu spielen. Die [s Vier haben auf bürgerliche Berufskar– rieren verzichtet und sieben Platten g eingespielt, um mil „Weißes Papier“ 1

nun endlich die Ernte in die Scheuer zu fahren: Charts-Notierungen und eine ausverkaufte Hamburger Markthalle sind der Lohn jahrelanger Angst vor der Kontosperrung.

Sperrig sind die Arrangements — wie einst bei Kurt Weill, dem sie mit „Surabaya Johnny“ Tribut zollen, an den auch „Mehr als sie erlaubt“ erinnert. Sparsam zupft der Produzent Dave Young, als Gastmusiker ebenso wie der Berliner Lokalmatador Ekki Busch dabei, sein Solo bei „Don’t You Smile“. Schneidend schön die Trompetensoli Regeners, der zum bravourösen Bläser mutiert ist und sich mit knarzig-charismatischer Stimme durch „Schwere See“ und „Immer unter Strom“ singt — während Jacob Ilja, Paul Lukas und Richard Pappik mit stoischer Gelassenheit Gitarre, Baß und Schlagzeug bedienen, bis der Saal rast: Brüllende Ovationen, nicht enden wollende Zugabenforderungen werden in bester Bandtradition mit einem schlichten „Danke“ honoriert.

Wer trotz derzeitigen Höhenfluges so sympathisch auf dem Boden bleibt, ist zu noch Höherem berufen: Ich jedenfalls habe die Zukunft der deutschsprachigen Popmusik gesehen — und die ist so wunderbar verwurzelt in der Tradition. „Die Deutschen haben einen mörderischen Groove“, lobte kürzlich Dan Stuart von Green On Red. Er meinte Kurt Weill. Kraftwerk und Can. Element Of Crime könnten eines Tages in dieser ersten Reihe Platz nehmen.