Jahresrückblick

Die 50 besten Alben des Jahres 2021: Plätze 40-31


Wir haben die 50 besten Platten des Jahres 2021 gewählt. Hier die Plätze 40-31, mit Drangsal, Lana Del Rey und Noga Erez. Gönnt Euch!

Es ist wieder so weit: Jahresendzeit ist Listenzeit. Und auch wir haben es uns in schöner Tradition nicht nehmen lassen, im gedruckten Musikexpress 01/2022 das Popjahr 2021 Revue passieren lassen. Herzstück unseres großen, 43-seitigen Jahresrückblicks ist einmal mehr unsere Liste der „50 Platten des Jahres“. Eben diese Liste wollen wir Euch nun auch online nicht länger vorenthalten und veröffentlichen sie sukzessive – vielleicht mag ja jemand die „besinnlichen“ Tage (lies nicht: Lockdown) dafür nutzen, bisher nicht entdeckte, 2021 erschienene Musik nachzuhören. Hier, nach den Plätzen 50-41, die Plätze 40-31, mit Drangsal, Lana Del Rey und Noga Erez. Gönnt Euch!

Mit Jahresrückblicks-Special & den 50 besten Alben 2021: Der neue Musikexpress ist da!

P.S.: Und wenn Ihr anderer Meinung seid, teilt sie uns gerne mit – in unserem Pop Poll 2021 könnt Ihr nebenbei jede Menge Preise gewinnen.

Der Pop-Poll 2021: Mitmachen, abstimmen, gewinnen!

40. Drangsal – EXIT STRATEGY (Virgin/Universal, VÖ: 27.08.)

Der einst große Pöbler blättert uns sein großes Poesiealbum auf: EXIT STRATEGY sind in Gassenhauer gegossene Depressionen – das macht schon der fulminante Doppel-Opener „Escape Fantasy“ /„Exit Strategy“ klar. Falls das wirklich noch Schlager ist, dann ist Drangsal der beschlagenste Schlagersänger des Landes. Mit „Mädchen sind die schönsten Jungs“ singt der (inzwischen selbstbewusst bisexuelle) Max Gruber zudem eine herzzerreißende Mutmachhymne für (junge) Menschen jenseits der Cisgender-Norm. Drangsal = dringlich. (Stefan Hochgesand)

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39. Noga Erez – KIDS (City Slang/Rough Trade, VÖ: 26.06.)

Das Interessante an Noga Erez ist, dass man gar nicht genau beziffern kann, warum man ihren Electro-Pop so gerne mag. Weder gibt es wahnsinnig gute Melodien noch großartige Effekte. Statt auf wenige Ausrufezeichen setzt die Künstlerin aus Tel Aviv auch auf ihrem zweiten Album auf einen Kontext: War die erste Platte politisch, handelt diese von Familien – und klingt entsprechend chaotisch, lustig und verspielt. Unbedingt neben den LP-Versionen auch die Akustik-Aufnahmen der Songs im Netz entdecken! (André Boße)

38. The Weather Station – IGNORANCE (Fat Possum/Membran, VÖ: 05.02.)

Auf ihren ersten vier Alben tastete sich Tamara Hope mit The Weather Station an eine Sophisticated-Version von Americana und Indie-Folk heran. Die Platten gerieten prima, der ganz große Wurf war nicht dabei. IGNORANCE ändert das. Statt in engeren Koordinaten zu denken, erweitert sie ihren Kosmos um Avantgarde. Das Ausnahmestück „Robber“ erinnert an die unantastbaren Meisterwerke von Talk Talk: freischwebende Rhythmen, verhalltes Piano, seufzende Holzbläser, aufbegehrende Streicher, Tamara Hopes seltsame Worte: „I never believed in the robber.“ (André Boße)

37. Lana Del Rey – BLUE BANISTERS (Universal, VÖ: 22.10.)

Erstaunlich, dass das zweite Album der amerikanischen Songwriterin innerhalb eines Jahres das interessante ist: Wo Lana Del Rey auf CHEMTRAILS OVER THE COUNTRY CLUB ihren Trademark-Mix aus verschiedensten Ästhetiken des amerikanischen (Alb-)Traums deutlich ausformulierte, sind es hier eigene Gefühlswelten, mit denen sie sich beschäftigt. Bedeutet: Im Zweifel ist sie hier für den Zweifel, seufzt, leidet und lässt uns in ihren Alltag blicken, der nicht nur aus zwei Schäferhunden, sondern auch aus ärgerlichen Zoom-Konferenzen besteht. We can relate. (Jochen Overbeck)

36. Smerz – BELIEVER (XL/Beggars, VÖ: 26.02.)

Auf ihrem Debütalbum nehmen uns Henriette Motzfeldt und Catharina Stoltenberg als Anhalter mit. Die Fahrt geht durch die tiefen Wälder ihrer Heimat Norwegen. Gespräche ergeben sich keine, nur harmonisches Zischen dringt zur Rückbank durch. Obwohl sie offensichtlich immer wieder vom Weg abkommen, versichern die beiden uns, dass alles in Ordnung sei. Zwischenstopp in einem versteckten Club, wohin sich albtraumgeplagte Raver retten. Hier könnten wir leicht flüchten. Aber wir wollen gar nicht. Zu verheißungsvoll ist diese Mischung aus Kammermusik, Synthie-Pop und Techno. (Stephan Rehm Rozanes)

35. Slowthai – TYRON (Musikbetrieb R.O.C.K/Membran Universal, VÖ: 12.02.)

Von „everybody’s darling“ zum gecancelten Großmaul: Slowthai aka Tyron Frampton hat alles einmal durch. Und verarbeitet auf seinem zweiten Album die letzten paar Jahre Popachterbahn zwischen Exzess und Emotionen. Fans vom großmäuligen Grimepunk werden mit den ersten sieben Tracks abgefrühstückt, auf der zweiten Hälfte des Albums geht’s ans Eingemachte: „feel away“ (feat. Mount Kimbie & James Blake) befasst sich mit dem Tod seines kleinen Bruders und wer danach noch stehen kann, heult spätestens bei „adhd“. (Aida Baghernejad)

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34. serpentwithfeet – DEACON (Secretly Canadian/Cargo, VÖ: 26.03.)

Auf seinem 2018 erschienenen Debütalbum SOIL haderte serpentwithfeet noch mächtig mit sich und der Welt. Er stellte alles in Frage, wirkte unsicher, auf der Suche. Doch drei Jahre später bringt er mit DEACON ein klares Ausrufezeichen heraus. Josiah Wise, wie er bürgerlich heißt, fühlt sich ganz offensichtlich wohl. Elf Songs lang feiert er queere Liebe, das Vertrauen in sein Gegenüber und vor allem auch in sich selbst. Kein Wunder, dass sein Höhenflug-R’n’B sogar mit Auto-Tune noch verdammt gut klingt. (Hella Wittenberg)

33. Pauline Anna Strom – ANGEL TEARS IN SUNLIGHT (RVNG Intl, VÖ: 19.02.)

Sie wurde nur 74 Jahre alt. Dass Pauline Anna Strom, die von Geburt an blinde Komponistin, Heilerin und Reki-Meisterin, die mit einem Leguan lebte, nicht mehr erleben durfte, wie ihr ANGEL TEARS IN SUNLIGHT einen späten, verdienten Ruhm bescherte, ist eine tragische Geschichte. Doch geblieben ist die Musik, die das absolute Glücksversprechen der Blumenkind-Vergangenheit der allzu lange Verkannten in berückend schöne Töne fasst, die niemals auch nur ansatzweise in einer belanglosen Esoterik versinken. (Thomas Winkler)

32. Amyl And The Sniffers – COMFORT TO ME (Rough Trade/Beggars/Indigo, VÖ: 10.09.)

Die australischen Punkrocker um Amy Taylor stoßen zu ihrem simplen und direkten Wesenskern vor: Wirkte ihr Debüt 2019, angefangen vom klischeehaften Collagecover, noch vergleichsweise wie Normerfüllung, lösen sie sich nun von Erwartungen: „That shit’s limiting“, singt Taylor, „Bah, binaries / It’s all make believe / I wanna be part of everyone and everything“. Auch mit einem Gastbeitrag bei den Sleaford Mods (siehe Platz 44) ist sie diesem Vorhaben dieses Jahr einen Schritt nähergekommen. (Stephan Rehm Rozanes)

31. Sons Of Kemet – BLACK TO THE FUTURE (Impulse!/Universal, VÖ: 14.05.)

Von den drei erfolgreichen Neo-Jazz-Projekten, die Shabaka Hutchings betreibt, erzeugen die Sons Of Kemet die größte mediale Wucht. Das liegt daran, dass der Londoner Saxofonist hier konkret wird: Mit den Ancestors schaut er auf das Erbe der Schwarzen Musik, The Comet Is Coming konstruiert psychedelische Zukunftsszenarien, Sons Of Kemet stehen im Hier und Jetzt, bringen Furor mit neuem Jazz zwischen Exotica und Neo-R’n’B zusammen. BLACK TO THE FUTURE ist spirituell, politisch und musikalisch – für Hutchings das Goldene Dreieck. (André Boße)