Die besten Serien der 2000er


Unsere Redakteure haben die besten Serien des vergangenen Jahrzehnts gewählt. Büroalltag, Terrorismus, Medizin, Morde und Drogen: Hier sind die besten Shows der 2000er

2. Mad Men

USA, 2007-2015, mit Jon Hamm, Elisabeth Moss, Vincent Kartheiser

Am Ende singen die Vereinten Nationen von Coca-Cola „We’d Like To Teach The World To Sing“, und Don Draper meditiert im Lotussitz an der Küste des pazifischen Ozeans: eine Vignette des ewigen Friedens. Die 60er-Jahre gehen zu Ende und mit ihnen die Geschichte von Draper, Selfmademan im eigentlichen Sinn, der mit der Identität eines toten Mannes aus dem Koreakrieg flüchtete, ein ehrgeiziger Autoverkäufer wurde und dann ein zugleich schweigsamer und eloquenter Werbetexter in der Madison Avenue von New York, alert, verkniffen, verschlossen, obsessiv. Matthew Weiners Großparabel auf das amerikanische Leben beginnt in den 50er-Jahren und handelt von den Neurosen und Dämonen der Menschen, die in einer Zeit einzigartiger Prosperität, getrieben von Babyboom und Weltraumfahrt, den Beatles und Kennedy, Sexualisierung und Alkoholismus den schnellstmöglichen Weg suchen, um aus dem Überfluss dekadenten Überdruss zu machen.

Zigaretten und Whisky: Don Draper (Jon Hamm) kostet die 60er voll aus.
Zigaretten und Whisky: Don Draper (Jon Hamm) kostet die 60er voll aus.

Weiners detailversessener, psychologischer Zugriff auf Rituale, Paarungsverhalten und Arbeitsalltag evoziert die Melodramen von Douglas Sirk ebenso wie die Sex-Komödien mit Doris Day und Rock Hudson und wird erst mit den Umbrüchen nach 1967 zu einem Zeitstück mit Kostümen und Dekors – auch dann noch bravourös in der Bloßlegung der Sehnsüchte und Krankheiten der saturierten und hungrigen Wohlstandsbürger. Es ist ein schwindel- erregender Blick in den Abgrund des vorgeblich Bürgerlichen: Sie sind alle Parvenüs, Grenzgänger, Fremdgänger, Egozentriker, Schmarotzer und Selbtvermarkter – und nur die Vertreter der früheren Generation, die Agenturgründer Roger Sterling und Bertram Cooper, trotzen den Zeitläuften mit Zynismus und Stoizismus.

„Mad Men“ erzählt auch von der Identifikation dreier Frauen, von der Manipulation der Gefühle, dem Hedonismus als Form der Melancholie und der Wucht der Sentimentalität. Don Draper bricht bei der Erinnerung an die Hershey’s-Schokoriegel seiner Kindheit in Tränen aus, als er sie bloß verkaufen soll.

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Craig Blankenhorn / AMC