Die Kleine mit der großen Klappe: Schwesta Ewa in Berlin


Die Ex-Prostituierte Ewa Müller ist auf ihrer ersten richtigen Tour. Kann sie es schaffen, mit geringer Bühnenerfahrung eine ganze Show zu stemmen?

Die Kurwa-Tour von Schwesta Ewa war ein großes Fragezeichen bevor sie startete. Die Frage: Blamage oder voller Erfolg? Denn bei ihren bisherigen sporadischen Auftritten machte sie nicht immer eine ganz souveräne Figur am Mic, sondern fiel eher durch eine durchgeplante Live-Show mit vielen „interaktiven“ Elementen auf. Soll heißen: Alkohol-Shots und halbnackte Tänzerinnen.

Im Gegensatz zu ihrem Agentur-Party-Auftritt im Berliner Club „ Prince Charles“ vor einiger Zeit ist am 7.März 2015 im fast ausverkauften Postbahnhof am Ostbahnhof in Berlin wenig bis gar kein ironisches Hipster-Publikum da. Geifernde junge Kerle in den ersten Reihen, dahinter kopfnickende gefährlich aussehende Lederjackenträger und ein großer Teil von etwas tussigen Mädchen, die Schwesta Ewa für ihre unverfälschte Art feiern. Unverfälscht heißt, dass sie zum Beispiel nach dem Lautstärkevergleich zwischen männlichen und weiblichen Gästen den Verlierern Trost spendet mit den Worten: „Seid nicht traurig Jungs. Wahrscheinlich kenne ich euren Vater.“ Das ist der humorvolle Umgang mit der eigenen Vergangenheit als Prostituierte, den man so an ihr schätzt.

Unterhaltsam ist Schwesta Ewas Bühnenshow auch sonst jederzeit. Leider allerdings auch punktuell unfreiwillig komisch. Als sie zwei junge Kerle aus dem Publikum auf die Bühne holt und die Tänzerinnen ihnen die Shirts ausziehen, weiß man nicht so genau, ob man sie beneiden soll oder sich hier gerade jemand vor einigen laufenden Kameras zum Trottel macht. Mit Erotik hat diese Einlage jedenfalls herzlich wenig zu tun.

Wenn sie „Kurwa“ in die Menge brüllt, ist die kleine Schwesta Ewa live ganz groß

Musikalisch liefert Ewa nicht nur Songs von ihrem neuen Album, sondern hat mit den älteren Stücken, die als YouTube-Videos einige Millionen Klicks generiert haben, genau die richtige Dosis an eingängigen Stücken dabei, um das Publikum bei der Stange zu halten. Im Allgemeinen sind die Zuschauer Ewa gegenüber ohnehin überraschend positiv eingestellt. Es sind größtenteils Fans, die Ewa ehrlichen Respekt dafür zollen, dass sie sich in einer Männerdomäne etabliert hat. Leider merkt man ihr an, dass sie schon seit einigen Tagen auf Tour ist, weil ihre Stimme immer wieder den Druck verliert und sie viele Pausen zum Atmen braucht. Aufgefangen wird sie dabei von ihren muskulösen und im Gegensatz zu ihr riesig wirkenden Back-Up-Rappern, von denen sie gleich zwei mit auf die Bühne holt. Besonders schade: Warum SSIO, der als Special Guest angekündigt war, es nicht zur Show geschafft hat, wird nur ironisch mit „Der hat sich seinen Penis in der Autotür eingeklemmt“ kommentiert.

Ebenfalls bitter ist der kurze Gastauftritt von Chefket. Denn nachdem er und die Hauptdarstellerin den gemeinsamen Track von Ewas Album performt haben, gibt er noch seinen Part des Abriss-Party-Songs „Live MCs“ zum Besten und liefert damit atmosphärisch den herausragenden Moment des Abends. Während er seine Double-Time-Raps spittet und der Bass die Wände zum Beben bringt, ist das Publikum völlig am freidrehen. Kein gutes Zeichen, wenn ein Gastpart so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. So wird der Unterschied zwischen einer sehr passablen und einer herausragenden Live-Performance deutlich -ein Problem, an dem Ewa noch arbeiten werden muss. Trotzdem kann ihr Auftritt irgendwo zwischen Planung (Shots und Stripperin) und Improvisation (SSIOs Ausfall) als Erfolg bezeichnet werden. Und wenn sie ihr gerolltes „ Kurrrrrrrrrwa“ von der Bühne in die Menge brüllt, dann ist die kleine Rapperin plötzlich sowieso ganz groß.

KURWA von Schwester Ewa ist am 9. Januar 2015 erschienen.


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