Die Rückkehr der Rap-Ritter


Rrrumms! Da sind sie wieder, die Beastie Boys, das intergalaktische Wahnsinnstrio. Doch auf ihrem neuen Album ist erst mal Schluss mit lustig. MCA, Ad-Rock und Mike D sind sauer. Die Beasties sagen heute: "We party for the right to fight."

Hochverehrte Leserschaft, wir hätten da mal eine Neuigkeit: Die Beastie Boys sind wieder da! Die weißesten Spackofanten des geisterweiternden Intellektuellen-HipPopHop nehmen die Kleinstadt Musikwelt wie Achilles dereinst Troja, nur ohne Pferd aber dafür mit neuem Album, ihrem sechsten, das TO THE 5 BOROUGHS heißt und auf dessen Cover die Skyline von New York zu sehen ist – MIT den Twin Towers. Ups, jetzt wird’s schon ernst. Und politisch. Dabei will sich die hochverehrte Leserschaft doch sicher erst mal an der schlichten Tatsache erfreuen, dass MCA, Mike D und Ad-Rock endlich wieder unser aller Alltag aufkochen mit Witz, Beats und unfrisierten Liedern. Ihr letztes schöpferisches Lebenszeichen war HELLO NASTY, ein Album wie ein von Außerirdischen gesteuerter Kulturkollaps, ein niedlicher Hirnfick mit dem Hyperhit „Intergalactic“. Dann war lange nix, gefolgt von the SOUNDS OF science, einer fulminanten Werkschau auf zwei CDs, die man sich im Internet auch noch selber zusammenstellen konnte. Hernach kam die Clip-Sammlung vi deo ANTHOLOGY auf zwei DVDs – und dann war Ruhe. Die bandeigene Plattenfirma Grand Royal war längst schon pleite, das gleichnamige Magazin eingestellt, die Klamottenmarke verkauft, der Rauschmittelkonsum auf ein semi-legales Level gesenkt. Die Gattinen der Beasties wurden Mütter und viele fürchteten: „Das war’s dann wohl. Die sind raus.“ Doch dann kam George W. Bush. Und jetzt spüren wir die neuen Beats der Beastie Boys -am Arsch.

Wir, das sind die Musikjournalisten, die sich hier eingefunden haben in einem sauteuren Angeberhotel in Berlin zur sogenannten Listeningsession, und das erste, was wir vom neuen Album der Beastie Boys mitkriegen, ist ein Kribbeln am Hintern, welches sich zu einer permanenten Vibration ausweitet, die vollkommen im Einklang ist mit allen Beats des neuen Albums, das von einem Sicherheitsbeamten aus den USA derbe diebstahlsicher auf einen Computer installiert wurde, vor dem wir jetzt hocken, derweil es untenrum brummt- bsss, bsss, b-b-bsss. Ein Gerät an das Holzbein eines Stuhles zu schrauben, welches die Bässe der Musik als Vibration durch das Sitzmöbel jagt, ist eine typische Beastie-Boys-Idee. Und die kam so: „Wir überlegten, wie wir unsere neuen Songs präsentieren sollten. CDs kann man nicht mehr raus schicken, wegen des Internets“, sagt MCA, der viele graue Haare hat. „Also ließen wir die Leute das Material über Kopfhörer hören, und bauten diesen Bass-Vibratoran den Stuhl, damit man in den vollen Bass-Genuss kommt.“ „Mit Massage also“, sagt Ad-Rock, der nicht so viele graue Haare hat. „Mit Arsch-Massage“, ergänzt Mike D, der überhaupt keine grauen Haare hat.

To The 5 Boroughs heißt so viel wie „An die fünf Bezirke“ und gemeint sind die fünf Stadteile New Yorks, der Heimat- und Lieblingsstadt der Beastie Boys. Musikalisch ist es das neue Album das reduzierteste, puristischste Werk des kongenialen Trios. Es gibt keinen Stil-Kreuzüber sondern furztrockenen HipHop, keine Live-Instrumente sondern Beats, Scratches und Rhymes. Außen Anti-Pop und Roots, innen Politik und Subversion. Es gibt auf dem neuen Album ein Stück, das heißt „An Open Letter To NYC“ und ist eigentlich ein Liebeslied an eine Stadt, nur in aufrührerisch und wütend. Überhaupt gibt es so einiges an Wut auf dem neuen Werk. Die Beastie Boys, die mit dem Crossover-Prolo-Kracher „Fight For Your Right (To Party) dereinst das Popverständnis einer ganzen Generation veränderten, rappen heute: „We party for the right to fight.“ Sie sind zurück und sauer. So angepisst wie auf dem neuen Album hat man die Tick, Trick und Track der Rapmusik noch nie erlebt. Dazu aber später mehr. Jetzt wird erst mal die Wiederkehr gefeiert. It’s party time!

Weil die Beastie Boys in wenigen Stunden ein exklusives Konzert im Berliner Club Maria am Ufer spielen sollen, geht die Dame von der Plattenfirma durch die Hölle, wird am Telefon angepöbelt von gestandenen Redakteuren, die jetzt wirklich unbedingt auf diese „scheiß Gästeliste“ müssen, „verdammt noch mal!“ „So was hab ich noch nie erlebt“, sagt die freundliche aber momentan extrem irritierte Plattenfirmenfrau, die sonst Coldplay, Radiohead und ähnliche Großkaliber betreut. Bei den Beastie Boys, so scheint’s, ticken einfach alle aus. Drei jüdische Jungs aus der New Yorker Oberschicht begannen mit dem Musizieren als Gag, und schufen sich über die Jahre eine vollkommen heterogene Fangemeinde, die sich durch beinahe alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten zieht. Ihre Rapmusik war alles, war Rock, Jazz, Soul, Funk – immer kreuzüber und alles auf einmal und dabei wundersamerweise trotzdem Pop, weil bei all der musikalischen Sperrigkeit die Beats, Breaks und Samples wie selbstklebend im Gehörgang blieben. Darüberhinaus waren die Beastie Boys überdrehte Partyproleten und idealistische Gutmenschen gleichermaßen, schmissen mit Bierbüchsen um sich und engagierten sich für die Befreiung Tibets, verarschten Fragensteller und wetterten gegen Ungerechtigkeiten, sperrten Frauen in Käfige und veröffentlichten tolle Musiken anderer Künstler zu himmlischen Konditionen. Diese Mischung aus Anarchie und Aktionismus, aus Brachialhumor und Herzensgüte kombiniert mit einem unbeschwert freigeistigen Kunstverständnis macht die Beastie Boys zu einer der aufregendsten Attraktionen im Zirkus Pop.

Aber wir schweifen ab und weg von der Party im „Maria am Ufer“, dem ersten Konzert in Europa mit dem neuen Album, das soeben beginnt, weil Mixmaster Mike, das inoffiziell vierte Mitglied der Band, auf die Bühne stapft und umgehend in irrwitzigem Tempo seine Schallplatten dreht und wendet, so dass die vom ersten Takt an austickenden Anwesenden überrannt werden von einer wuchtigen Welle aus Rhythmen, Melodiefetzen und den aufpeitschenden Worten des kolossalen Mixmasters. Dann kommen die Beasties, in Schlabbershirts und weiten Hosen, und ballern ohne Not „Root Down“, „Time To Get Ill“, „Three MCs And One DJ“, „So What’cha Want“, „Body Movin'“ und „Sure Shot“ in den Mob, den wilden, der vor Raserei kaum merkt, dass der Mixmaster dem Ganzen ein „Jenny From The Block“-Sample und Zeug von Sean Paul untermischt. Mittendrin sagt Mike D: „If you have any friends in America, please teil them: Don’t vote Bush!“ Und MCA ergänzt kurzzeitig missmutig: „Fuck Bush!“ Nach „Ch-Check It Out“, der Zugabe „Intergalactic“ und 40 Minuten Spielzeit ist plötzlich alles vorbei. Einige gucken, als hätten sie eine Erscheinung gehabt. Die meisten trollen sich selig grinsend. Die Fantastischen Vier waren auch da und mit ihnen haufenweise geladene Gäste und jene Glücklichen, die am Tag zuvor beim zweistündigen Vorverkauf in Kreuzberg für 17,50 Euro ein Ticket ergattern konnten. Die Beastie Boys gehen nun bei einem Kreuzberger Inder essen und dann ins Bett.

Der nächste Tag. der Interviewtag, ein sonniger Tag.

Während Mixmaster Mike Platten kaufen geht, lassen sich Mike D, Ad-Rock und MCA ein bisschen ausfragen. Sie hängen in entspannend wirkenden Sitzhaltungen nebeneinander auf dem Sofa und witzeln sich gegenseitig voll, wie das Jungs eben tun, die viel zu viel Zeit miteinander verbracht haben. Adam Nathanial Yauchaka MCA, 39, Bassist, verheiratet und bekennender Buddhist, ist der Denker mit Hang zum Zynismus, der zuweilen unmerklich zwischen Brachialironie und Ernsthaftigkeit umschaltet und seine Kumpanen mit verbalen Spitzfindigkeiten foppt. Adam Horovitz aka Ad-Rock, 37, Gitarrist, geschieden und der musikalische Kopf der Band, wirkt oft gelangweilt, sagt meistens nichts, und erträgt die Sticheleien der beiden anderen mit einem spöttischen Lächeln. Michael Louis Diamond aka Mike D, 38, Schlagzeuger, verheiratet und notorischer Beinahe-Business-Man, redet am meisten, reißt die dicksten Zoten und ist der Unruhepol der Beastie Boys. Es gibt sie nur im Dreierpack.

Für eine Weile dachten alle, es wäre vorbei mit den Beastie Boys. Erst habt ihr Kinder bekommen, dann die 2-CD-Werkschau thesouhos of science veröffentlicht …

MCA:… die wie ein Grabstein war.

Sechs Jahre lang wart ihr mehr oder weniger weg vom Fenster. Was habt ihr gemacht?

AD-ROCK: Ich saß in meinem Smoking am Swimming Pool und wartete darauf, dass das Telefon klingelt.

Und?

AD-Rock: Nichts geschah. Ich saß da mit einem leeren Zigarettenhalter und fragte mich, wo sie wohl alle waren. So: „Hallo? Wo seid ihr?“

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MCA: „Würde bitte jemand mein Martini-Glas auffüllen? Und?

AD-ROCK: Niemand kam. MCA: Wir warteten darauf, dass uns jemand bitten würde, wieder gemeinsam Musik zu machen. Tat aber keiner. Also fingen wir irgendwann von selber wieder an.

Ad-Rock: Es gab auch viele Streitereien in der Band. Wir haben viel gekämpft.

Mike-D: Viele Faustkämpfe wurden ausgefochten, und es ist noch nicht vorbei. ad-rock: Wir haben uns auch ein paar Mal aufgelöst. MCA: Und einmal hat Adam (aka Ad-Rock -Anm.d.Red.) mir den Kopfabgesäbelt. Der ist ober ganz gut verheilt. MCA: Ja. Da kam dann ein guter Chirurg. ad-rock: Also, die Zeit, in der wir weg waren, schien uns gar nicht so lang. MIKE d: Das tolle an Adams Kopfabschneiderei war, dass er vorher dafür sorgte, dass MC A koscher ist. Er schnitt ihm also den Hals auf und ließ ihn ausbluten.

Meine Herren, bitte!

MIKE D: Wir tourten ein Jahr mit hello nasty. Und wir arbeiteten mit Unterbrechungen zwei Jahre an to THE 5 boroughs. Die anderen drei Jahre verflogen einfach, wir haben da keine wirkliche Entschuldigung für. AD-ROCK: Ich machte eine Platte als BS2000 (das Album SIMPLY MORTIFIED erschien Mitte 2001 – Anm.d.Red.) und ging ein bisschen auf Tour.

MIKE D: Wir lebten also unser Leben, als Menschen, nicht als Band.

Euer neues Album to thc s boroughs handelt von New York und den USA, ist aber in erster Linie eine Anklage eures Präsidenten und seines Kabinetts. Es ist ein Album voller Wut, geboren aus Eurer Liebe zu New York und eurem Land.

MIKE D: Das Won Wut macht mir ein bisschen Angst. Es ist so: Wir können unsere Gefühle für New York nicht wirklich in Worte fassen. Wir sind dort aufgewachsen und leben dort. New York ist ein Teil von uns und unserer Identität, wir sind untrennbar mit ihm verbunden. Wir wären nicht die Beastie Boys, würden nicht die Musik machen, die wir machen, wären nicht die, die wir sind ohne diese Stadt. New York ist beinahe Bestandteil unseres Blutes.

mca: New York ist ein Körperteil der Beastie Boys.

MIKE D: Wenn in New York Scheiße passiert, reagieren wir sehr stark darauf. Und in den letzten Jahren ist sehr viel Scheiße passiert.

Und deshalb diese Wut auf dem reduziertesten und aufrührerischsten Beastie Boys-Album aller Zeiten?

MCA: Ich würde es nicht „Wut“ nennen. Aber da sind Ärger und Frustration. In vielerlei Hinsicht sind wir ratlos. Wie zum Beispiel konnte dieser Idiot gewählt werden? Als sich George W. Bush zur Präsidentenwahl aufstellen ließ, war ich überzeugt, dass er niemals gewinnen würde, weil er ein kompletter Volltrottel ist. Und davon abgesehen, dass er noch nicht mal die Mehrheit der Stimmen bekam, macht es mich einfach wahnsinnig, dass er es ins Weiße Haus geschafft hat. Wie dieser Typ sich inszeniert und unser Land repräsentiert ist nur noch frustrierend. Überall wächst der Hass auf die USA. Wir fühlen uns hilflos. Und unser neues Album sagt zu großen Teilen: „Dieser Mann spricht nicht für uns! Dies hier ist unsere Meinung!“

MIKE D: Deswegen mussten wir auf dem neuen Album unsere Stimmen so laut erheben. So viele Leute wie möglich sollen wissen: Was dieser Mann und seine weißen, reichen Freunde tun, repräsentiert nicht die Amerikaner!

Das Album wirkt wie ein Weckruf. Gleich im ersten Stack, der neuen Single „Ch-Check It Out“, rappt ihr: „All you Trekkies and TV addicts / Don’t mean to dis don’t mean to bring static / All you Klingons in the fuckin‘ house grab your backstreet friend and get loud.“ Und im letzten Stück „We Got The ‚heißt es: „We got the power to make a difference / We got the power to make a change.“ War der Wunsch aufzurütteln ein Grund, dieses Album aufzunehmen?

MCA: Wenn ein paar Leute, die unsere Musik hören, sich davon inspirieren lassen, dann ist das gut.

Ad-Rock: Wir wollten los werden, was in uns ist.

Und habt nun ein Zeichen gesetzt in einer Zeit, in der viele Menschen in der westlichen Welt fast entpolitisiert sind. Jeder kümmert sich nur noch um sich, weil alle glauben, sowieso nichts ändern zu können. Ihr aber sagt: „We party for the right to fight.“

MCA: Den Leuten wird das Gefühl gegeben, hilflos zu sein. Wir sollen denken, dass wir keine Macht haben. Das ist Teil des bösen Spiels. MIKE d: Die Politiker haben die Politik gekidnapped. Sie geben allen das Gefühl, dass Politik keinen Spaß macht.

MCA: Nein, sie geben dir das Gefühl, es sei ausschließlich ihr Ding und ihr Spaß, als hättest du nichts damit zu tun.

MIKE D: Genau. Sie haben sich eine kleine, exklusive Welt geschaffen, darin walten sie, wie sie wollen. Das ist aber alles riesengroßer Bockmist. Denn in der Demokratie geht es doch eben darum, dass alle mitmachen können! Und das soll auch Spaß machen.

MCA: Die jetzige Regierung hat die größte Stufe der Geheimhaltung seit der McCarthy-Ära in den Fünfzigerjahren. Und was sie uns damit nicht sonderlich subtil zu verstehen geben, ist, dass sie alles besser wissen, und dass nur sie die Entscheidungen treffen können, von den wir alle angeblich keine Ahnung haben. Rumsfeld und diese Typen glauben, diese Welt sei ihre Welt. Es geht ihnen nur darum, ihre Macht zu erhalten.

Wurde es ein neues Atbum der Beastie Boys geben ohne den 11. September und ohne George W. Bush?

mca: Wir hätten wahrscheinlich auch ohne all diesen Mist ein neues Album gemacht. Aber es wäre wohl nicht so politisch geworden. TO THE 5 BOROUGHS ist eine Reaktion auf den Zustand der Welt.

Musikalisch geht ihr weit zurück zu euren Wurzeln und dann noch ein Stück. Es ist ein reines HipHop-Album ohne groOe Experimente. Es scheint, als wolltet ihr mit der minimalistischen Instrumentierung aus Beats und Scratches den Blick frei lassen auf die Texte.

AD-ROCK: Das ist eine gute Theorie.

Aber stimmt sie auch ?

AD-ROCK: Nein, aber sie klingt gut.

mca: Ich glaube, wir haben da gar nicht so viel drüber nachgedacht. Wir mochten einfach den Sound der Beats und den Flow dei Texte.

Das fühlte sich gut an.

MIKE D: Als wir begannen, das Album aufzunehmen, kam jeder mit einem Haufen Beats, an denen er gearbeitet hatte. So entstanden die ersten Stücke. Und so ähnlich entstanden auch die folgenden. Früher fingen wir immer irgendwann an rumzuspielen und probierten alles mögliche aus. Diesmal gab es eine Richtung, eine Arbeitsweise. Nix Neues wieso?

MIKE D: Doch,es hat sich etwas verändert. Wir mischten das Album mit einem Typen namens Duro. Während wir die Angewohnheit haben, unsere Stimmen ein wenig in den Hintergrund zu stellen und Platz zu lassen für all die Musik und das Zeug, was sonst noch passiert, sieht Duro in den Vocals das Hauptelement. Das liegt daran, dass er eher aus der HipHop- und R’n’B-Ecke kommt. Anfangs schienen uns die Vocals auf den neuen Stücken zu laut, dann gewöhnten wir uns daran, jetzt finden wir’s cool.

Jedenfalls ist to the 5 boroughs tolle Straßenkämpfermusik. Kann man super auf einem Anhänger durch ein Soundsystem über die Köpfe von Tausenden Demonstranten ballern.

Alle: Das ist cool!

MIKE D: So soll es sein! Man sollte die Platte über ein pumpendes Soundsystem mit riesigen Subwoofern abspielen! MCA: Wir sollten für eure Demonstrationen deutsche Versionen unsere Songs aufnehmen. Die Beatles haben ihre Lieder auch eingedeutscht, die waren weit vorn.

mike D: Aber Deutsch ist zu schwer. Ich kann noch nichtmal richtig „Schnitzel“ sagen.

Was war die Herausforderung bei diesem Album?

AD-ROCK: Unsere größte Herausforderung ist es immer, ein Album überhaupt fertig zu stellen.

MIKE D: Ja, und dann zu denken: „Das ist gut genug.“ Warum fällt euch das denn so schwer?

MCA: Wenn wir Musik machen, geht das so: Wir fummeln herum, fummeln hier, fummeln da, machen und tun. Irgendwann sagen wir uns: „Okay,genug, lasst uns einen Termin festsetzen, an dem wir das Album veröffentlichen wollen.“ Denn wenn es im Juni in den Läden stehen soll, muss es im März fertig sein. Also müssen wir unsere Ärsche hochkriegen und fokussierter arbeiten.

Unlängst feierte Apple das einjährige Bestehen seines mordserfolgreichen Mus/c Stores und ihr wart dabei. Überhaupt standet ihr der MP3-Geschichte von Anfang sehr wohlwollend gegenüber. Habt ihr mittlerweile auch alle einen dieser iPods?

Alle: Ja!

MCA: Es ist so: Früher stapelten sich während einer Album-Produktion unzählige Kassetten und CDs in unseren Häusern. Als wir mit den Arbeiten an diesem Album begannen, beschlossen wir, nicht wie beim letzten Mal alle neuen Arbeitsversionen auf CD zu brennen, um sie mit nach Hause zu nehmen. Wir besorgten uns iPods auf Bandkosten. Am Ende eines Tages lud sich jeder das neue Material in seinen iPod und konnte so zu Hause hören, weiterarbeiten und Ideen sammeln.

Ad-Rock: Toll, diese Computer. Wir mögen Computer. mca: Außerdem verringern diese kleinen Dinger das Risiko, dass unser neues Material nach außen gelangt. Wenn überall CDs mit den unfertigen Versionen unserer Stücke rumliegen, landen sie irgendwann in den falschen Händen und dann im Netz.

Gestern habt ihr ein exklusives Konzert im Berliner Club Maria am Ufer gegeben, wobei das Rauchen verboten war. Berlin ist aber nicht New York!

Mike D: Wir sind keine Anti-Raucher. Es ist nur so, dass, wenn ein Raum komplett verraucht ist, es nach einer Minute auf der Bühne etwas schwierig wird mit dem Atmen.

Es scheint geholfen zu haben, ihr wirktet fit. Aber ist da noch die selbe Energie und Leidenschaft wie früher?

MCA: Für mich fühlt es sich immer noch gleich an. Ich sehe vielleicht wie ein alter Scheißer aus, fühle mich auf der Bühne aber immer noch wie ein junger.

Gibt es Musik in diesen Tagen, die euch begeistern kann? MIKE D: Viele Produzenten machen irre Sachen, Leute wie Timbaland oder die Neptunes und die Zwei von Outkast.

Ad-Rock: Wenn „Hey Ya ‚ von Outkast nicht so ein Riesenhit gewesen wäre, hätten ihn noch viel mehr Leute gemocht.

MCA: Ich liebte dieses Lied von Anfang an.

MIKE D: Es ist eben schwierig zu sagen, dass man ein Lied mag, wenn es das beliebteste Lied der Welt ist. Aber dieses Stück hat es verdient, weil es auch von Zweijährigen geliebt wird.

Wo wollen die Beastie Boys noch hin? Was kommt jetzt?

mca: Nichts.

AD-ROCK: Es wird viel passieren.

MIKE D: Wir sind nicht gut darin, Pläne zu schmieden. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich mir wünschen, dass dieser Bush-Trottel nicht wieder gewählt wird.

Und was tut ihr dafür?

MCA: Ein Album aufnehmen, ein paar Interviews geben und Shows spielen. Was sollen wir sonst tun?

Unseren Lesern ein paar Ratschläge geben.

MCA: Wählt einfach euren eigenen Idioten ab!

Dann kommt der nächste.

Ad-Rock: Es gibt viele gute Dinge, die die Leute machen können. Man kann versuchen, positiv durchs Leben zu gehen. Wie wir in dem Song „Time To Build“ sagen: „It takes a second to wreck it/It takes time to build.“ Es ist sehr einfach aufzugeben, sich nicht mehr politisch zu äußern, sich in nichts mehr zu involvieren, weil es angeblich eh nichts bringt. Aber wenn mehr Leute öfter darüber nachdenken würden, wie man etwas verändern kann, dann wird das auch was.

Mike D: Veränderung ist möglich. Und die Taten jedes einzelnen sind wichtig. Wir sind in der glücklichen Position, dass wir von vielen Leuten gehört werden. Aber das, was andere Leute sagen, ist ebenso bedeutend. Doch daran muss man glauben. Man muss die Meinung der anderen respektieren. Wenn jeder ausspricht, was er fühlt, und die Menschen hören, was ihre Mitmenschen zu sagen haben, kann das den Lauf der Dinge komplett ändern. Es ist sehr einfach, sich volllaufen zu lassen und zu sagen: „Scheiß drauf, ich kann sowieso nichts machen.“

Ad-Rock: Und es geht gar nicht so sehr darum, dass man sich mit Politik beschäftigen muss. Es gibt so viele Dinge in unserer Gesellschaft, die zu ändern sind. Man denke nur daran, wie Sexismus und Rassismus unser Leben beeinflussen. Versuche, dagegen zu wirken! Such dir einfach etwas aus, das scheiße läuft, und versuch es zu verändern – in deinem eigenen Leben, in deiner Welt!