Dr. Robert


Während seine Blow Monkeys nebenan in die Fleischtöpfe schauten, mußte Dr. Robert seinen Pflichten als Boß und Sprachrohr nachkommen. Wie immer im Blind Date wurden ihm zehn Singles vorgespielt, die es zu erraten und kommentieren galt. Wo sein musikalischer Standort ist, läßt schon die Musik der Blow Monkeys erahnen: Er liebt kühle, intelligente Pop- und Soulmusik — die Fraktion der „ehrlichen, schwitzenden Rock ’n‘ Roller“ hingegen ist ihm ein Greuel.

Bruce Hornsby: „Mandolin Rain“

„Ist etwas Amerikanisches…! Chris Isaak? Nein? Ach ja, Bruce Hornsby — mag ich überhaupt nicht, diese Art von Musik. Auch seine erste Single fand ich scheußlich. Die Stimme geht mir auf die Nerven. Aber das Ganze paßt wohl wunderbar ins amerikanische Radio. Der Piano-Sound ist fürchterlich. Schrecklich, schrecklich. Das Schlechteste, was ich jemals gehört habe! Sorry, Bruce …“

Crowded House: „Don’t Dream It’s Over“

„Okay, das habe ich schon einmal gehört. Aber frag mich nicht, wer das ist…! Von Neuseeland? Ach, Crowded House … Das ist ganz okay, aber ich fand Split Enz viel besser. Neil Finn hat seinerzeit wirklich ganz gute Songs geschrieben. Aber das hier ist. wie soll ich sagen …? Ich verstehe, warum der Song in Amerika so erfolgreich war: dieser altbackene Keyboardsound, eine ziemlich nette Melodie. Zumindest etwas besser als Bruce Hornsby.“

Whitney Houston: „I Wanno Dance With Somebody. .“

„Ich mag Whitney. Da bin ich voreingenommen. Sie ist wirklich gut — und die Narada Michael Walden-Produktion finde ich auch sehr gelungen und transparent. Nun, die Texte kann man getrost vergessen. Die bedeuten nichts. Aber vielleicht ist das in diesem Fall auch gut so. Insgesamt besser als vieles, was zur Zeit erscheint. Nicht ganz so gut wie einige Songs von ihrer ersten LP. Man achtet darauf, daß ihre Persönlichkeit nicht zu Tage tritt. Vielleicht absichtlich?!? Es ist schade, daß sie nur einen Song singi. Es wäre besser, wenn die Texte etwas bedeuten würden. Aber nichtsdestotrotz: großartige Stimme!“

Madonna: „La Isla Bonita“

„Ich mag Madonna. Mochte sie immer. Sie kann nicht singen und auch nicht besonders gut tanzen, aber sie hat Persönlichkeit. Und die versteht sie in ihre Songs unterzubringen. Der Song ist auch ganz gut, guter Rhythmus, Samba. Auch da bin ich voreingenommen. Ich habe Schlimmeres erwartet.“

Bruce Springsteen: „War“

„Nun, das ist ein klassischer Fall von jemandem, der mit einem schwergewichtigen Ego einen tollen Song kaputt macht. Ich liebe Edwin Starrs Originalfassung — aber das ist bloß noch ein aufgeblasenes, bombastisches Livegetöse a la Springsteen, mit all dem Aufdie-eigene-Brust-Klopfen und dem widerlichen Macho-Gehabe. Widerlich.“

Genesis: „Tonight…“

„Das ist entweder Genesis oder Phil Collins. Fürchterlich!! Ich habe manchmal fast den Eindruck, daß Genesis, Phil Collins und wie heißt noch mal der andere Typ. der bei Genesis war — ach, ja Peter Gabriel — ein Radio-Abonnement für ihre Songs haben. Die liefern genau das ab, was die Radio-DJs haben wollen. Schlimm.“

Aretha Franklin/George Michael: „I Knew You Were Waiting“

„Okay, Aretha und George … Auch kein wirklich guter Song. Einige Sachen, die George in der Vergangenheit gemacht hat, fand ich ziemlich gut. Aber diesen Song mag ich nicht sonderlich, denn die beiden fuhren sich selbst nur vor, wie gut sie singen können. Das ist mehr ein Showcase als ein Song.“

U2: „With Or Without You“

„Ich warte dauernd auf diese Gitarre, aber das kommt wohl später. Mach aus! Was kann man über U2 sagen. Es wird wohl niemanden überraschen, daß ich persönlich sie überhaupt nicht mag. Sie spielen in großen Arenen und veröffentlichen große Alben und machen großen Krach und große Gesten. Leere Gesten, wenn du mich fragst. Viel Flaggengeschwenke und Heulerei und Händchenhalten. Aber damit, finde ich, hat man noch nichts erreicht. Der alte und nicht mal gute Rock ’n‘ Roll. Dieser Song ist im übrigen einer ihrer besseren. Und was Bono mit Keith Richards auf dem Sun City-Album gemacht hat, fand ich ganz gut. Aber das hier — nein, danke!“

Jackie Wilson: „Reet Petite“

„Toller Song, aber hast du das Video gesehen? Eine Beleidigung für Jackie Wilson … Er selbst hatte eine bessere Stimme, einen besseren Act und eine ausdrucksvollere Persönlichkeit als James Brown. Einfach schärfer, ein echtes Ass. Von ihm kann man noch heute jeden Song spielen. Egal, was man sonst dazu sagen kann: Ich finde es gut. daß all die alten Helden in den Charts notieren. Besser jedenfalls, als daß irgendeiner schwache Coverversionen abliefert. Und viele Kids hören das ja auf diese Weise zum ersten Mal. Wunderbare Musik. Es lohnt sich.“

Hot Chocolate: „Your Sexy Thing“

„Die ursprüngliche Fassung mochte ich sehr. Aber was sie mit und durch den Remix gemacht haben, ist mir zuviel: Go-Go, Percussion, Snare-Sound. Dennoch ein toller Song. Ich bin ein Hot Chocolate-Fan — darum kein böser Kommentar.“

Boy George: „Everything I Own“

„Aber das werde ich um so mehr verreißen. Das ist mir zu abgeschmackt. Wie kann er so auf Nummer sicher gehen. Mittelmäßig. Feucht. Ein leicht durchschaubarer kommerzieller Coup vom Boy. Sollte man, oder besser: darf man,— nur um einen Hit zu haben, sowenig riskieren? Nein! Er kann’s doch. Das ist fürchterlich.“