Dreckige Sexband im Exil


Einst gingen Chikinki mit Vibratoren auf Tour. Jetzt begnügen sie sich mit musikalischen Eigenheiten.

Dass es Künstler von den Britischen Inseln in die deutsche Hauptstadt zieht, ist kein so neues Phänomen. David Bowie hat’s einst vorgemacht; nun verstärkt Ed East die Berliner Popexilgemeinde. Den Gitarristen von Chikinki leiten neben akademischen (er hat Germanistik studiert) auch wirtschaftliche Motive: „In London musst du ständig um die Bezahlung der nächsten Miete bangen. Alles ist unfassbar teuer. Hier brauche ich nich t auf jeden Euro schauen, bevor ich ihn ausgebe, das tut meiner Kreativität gut.“ Ein großer Teil von Easts Ideen findet bei Chikinki Verwendung. Die Band, vor gut zehn Jahren in Bristol an der Uni gegründet und hierzulande seit dem Album Lick your ticket (2004) ein Begriff, hatte sich für einige Zeit mit dem Großkonzern Universal eingelassen, wurde aber wegen ausbleibender Großverkäufe bald wieder vor die Tür gesetzt. Dabei hatten sich die fünf vorher eine hübsche Ferkelei ausgedacht: „Das Label wollte uns als dreckige Sexband vermarkten und schickte DJs einen 13-teiligen Vibrator als Werbegag. Wir haben das Ding dann mit auf Tour genommen und auf unseren Merchandisingtisch gestellt. Und was passierte? Nach und nach wurden Teile davon gemopst. Darüber sind wir aber nicht sonderlich traurig.“

Andere lassen sich durch einen Rauswurf und den Wegfall von Budgets für derartige Werbeideen entmutigen. Chikinki aber nehmen ihr Schicksal locker und mit Humor, ebenso wie die Arbeit am vierten Album brace, brace, das mit altmodischen Orgeln und klaren Popstrukruren im Stil einer Beatband aus den Sixties glänzt. „Wir können und wollen uns dem, was momentan in der Popszene passiert, nicht verschließen. Gitarrenbands sind wieder in Mode, davon nimmt man etwas mit. Beeinflusstwerden wir aber auch von Musikern, mit denen wir auf Tour gehen. Robocop Kraus zum Beispiel, die sind großartig, und Jack Penate, mit dem wir in Frankreich unterwegs waren, bevor es mit ihm richtig abging.“ Chikinki-Freunde denken gerne daran zurück, wie die Band früher mit ihren beiden Keyboardern elektronischen Rocksound der anderen Art zelebrierte. Da muss man wohl ein bisschen umdenken. Dass ihre Musik heute retro klinge, findet Ed East aber nicht: „Die Hälfte der Band würde sofort aussteigen, wenn wir nicht mehr den Anspruch hätten, innovativ zu sein. Schräge und seltsame Einflüsse sind uns einfach zu wichtig.“ Damit wird er nicht nur im traditionell dem Abseitigen zugeneigten Berlin auf offene Ohren stoßen.

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