Eagles


Seit dem auch für Hollywood-Bands außerordentlich höllischen Feuerwerk von Skandaten und Verwünschungen, mit dem die Eagles anno ’80 das Zeitliche segneten, schien der Ofen endgültig aus zu sein. Und jetzt ist aus der unversöhnlichen Streithahntruppe eine abgeklärte Versammlung von Perrier-schlürfenden, schulterklopfenden Altrockern geworden, die auf Welttournee gehen. Und zwar mit 12 Lastwagen, 150 Tonnen Ladung, 85 Mann und Frau Bandpersonal – dazu 65 Stück Roadies, wobei für den Aufbau der Anlagen 120 Mann Lokalbesatzung gebraucht werden. Glenn Frey hat 20 Gitarren eingepackt, Joe Walsh und Don Felder ebenfalls je 20. Timothy B. Schmitt kommt mit 12 Bässen aus, und Don Henley braucht neben seinem Schlagzeug nur noch zwei Klampfen. Exzess? Mitnichten! Unsereiner hat ja keine Vorstellung, was es alles braucht, um den sonnigen California-Groove ins trübe Europa zu transportieren. Was immer es ist – die Eagles haben davon noch immer zu wenig mitgebracht.

Vor einem Bühnenbild, das eine postindustrielle Trümmerlandschaft darstellen soll, aber aussieht wie ein von meiner kleinen Schwester bemaltes Karton-Modell, geht’s bei blendendem Londoner Sonnenschein mit ‚Hotel California‘, dem Eagles-Song schlechthin, los. Und das bei zu Beginn der Show noch sehr miesem Sound. Folge: Nach freundlichem Begrüßungsapplaus hält sich die Begeisterung des Publikums in Grenzen.

Anschließend kommt der Betrachter eine volle Stunde lang aus dem Staunen nicht mehr heraus: Staunen darüber, daß vermeintlich waschechte Outlaws mit Bluejeans und Baumwollhemd derartigen Schmalz komponieren konnten. ‚New Kid In Town‘ und ‚Pretty Maids‘ sind ganz schlimme Sacharinheuler. Aber der absolute Tiefpunkt erfolgt mit ‚Ordinary Average Guy‘, einem so ungelenken Pseudoreggae, daß es selbst iocc zu peinlich gewesen wäre. Mit ‚Lyin‘ Eyes‘ und ‚One Of These Nights‘ wendet sich die Sache zum Besseren: Die glatt polierten Gesangssätze strahlen in altem Glanz, Don Felder und Joe Walsh ergehen sich in wackeren Soli. Kaum ist ein bißchen Stimmung aufgekommen, treten die Herrschaften nach gerade 50 Minuten zur halbstündigen Pause ab.

Hernach geht’s „unplugged“ weiter – ‚Tequila Sunrise‘, ‚Help Me Through The Night‘, ‚Love Will Keep Us Alive‘ und ‚Heart Of The Matter‘. Alles ganz schön, aber ohne zündenden Funken. Zudem klingen Glenn Freys Ansagen wie die eines müden Lufthansa-Stewarts. Erstes wirkliches Highlight: Don Henleys ‚Boys Of Summer‘. Das Publikum springt von den Stühlen auf, vereinzelte Spliffs werden durch die Reihen gereicht. Der Rückfall erfolgt prompt: ‚Funk #49‘, holperiger Riff-Rock der übelsten Seventies-Sorte. Einzig das prägnante ‚Dirty Laundry‘ kann halbwegs überzeugen. Das rauschende Finale mit ‚The Heat Is On‘, ‚Heartache Tonight‘ bringt effizienten Stadion-Rock.

Dereinst mögen die Eagles mit ihren Songs eim Lebensgefühl perfekt eingefangen haben. Die Songs taugen heute noch, nur die konzertante Umsetzung bildet nach heutigen Stadion-Maßstäben bestenfalls unteren Durchschnitt. Da bleibt ein Gefühl wie nach dem Verzehr eines Hamburgers: vollgefressen, aber ungenährt.