Edwyn Collins


EDWYN COLLINS MUSS IRRE VIEL FREUNDE haben. Für diese Freunde, die „VIPs“, hat der ältliche Britpopper den ganzen Balkon im Astoria reservieren lassen. Und damit ist schon ein Drittel der 1500 Seelen fassenden Halle gefüllt. Dabei sind noch nicht einmal die Massen von Journalisten mitgezählt, die sich um das Vergnügen gerissen haben, Londons populärsten Schotten wieder einmal live zu erleben – sie müssen sich mit dem gemeinen Fan auf dem Tanzboden drängen. Nicht daß dies jemanden stören würde. Nein, nein, Edwyn Collins ist nämlich einer jener glücklichen Zeitgenossen, denen man alles verzeiht-selbst langweilige Musik. Das war schon immer so. Schon seit er mit Orange Juice romantische Gitarrenpop-Singles veröffentlichte, während die restliche Musikwelt auf der „New Wave“ surfte. Collins‘ neues Album heißt „I’m Not Following You“. Es soll den Erfolg konsolidieren, den der Schotte 1995 mit der Hitsingle „A Girl Like You“ hatte. In den Charts konnte das Album indes keine hohen Wellen schlagen nicht weil keiner es gekauft hätte, sondern weil der Plattenfirma ein Fehler mit dem Strichcode auf dem Albumcover unterlaufen war. So konnten die Scannerkassen in den Läden Edwyns jüngstes Epos nicht als verkauft registrieren.

Pech, aber wie gesagt: Derlei Ungemach ist Nebensache für ihn. Verfügt er doch über Heerscharen von Freunden, die ihm durch dick und dünn folgen. An diesem Abend müssen Edwyns Jünger ihrem Messias wieder einmal durch „dünn“folgen. Wer nämlich erwartet hatte, daß er sich auf der Bühne – wie auf dem Album -als futuristischer Lounge-Crooner präsentiert, wird enttäuscht. Collins und Combo bleiben live beim bewährten Singer-Songwriter-Rock mit klimpernder Gitarre, pfundigen Drums und solidem Bass. Durch diese Schnörkellosigkeit fallen jedoch die schwächeren Songs um so mehr ins Gewicht. Edwyn Collins hat das Pech mit „Rip It Up“, „What Presence?“ und „A Girl Like You“, drei waschechte Klassiker geschaffen zu haben, die sein ganzes restliches Repertoire ziemlich bleich erscheinen lassen. Dabei haben Songs wie „The Campaign For Real Rock“ und die Singles „The Magic Piper“ und „(Don’t Want To Live In An) Adidas World“ durchaus ihre witzigen Momente. Ansonsten aber tun sich schier endlose Passagen gähnender Ereignislosigkeit auf. Der Schlußapplaus indes zeigt, daß Edwyns ergebene Freunde ihrem Meister weiterhin die Stange halten. Seine drei Hits haben ihn wieder einmal über die Runden gebracht.