Effi Briest
Sieben Frauen aus Brooklyn, die alle möglichen und unmöglichen Instrumente der Welt spielen, zwischen Riot-Grrrl-Rock, Free Folk und Krautrock.
New York war, ist und wird immer einer der popkulturellen Brennpunkte überhaupt sein. Doch intern hat sich die Feuerstelle mit den höchsten Flammen verschoben: Manhattan ruht ebenso tief im Winterschlaf wie seine wichtigsten Protagonisten The Strokes. Das macht den Blick frei für die neue Szene aus Brooklyn: Vampire Weekend, Yeasayer, Celebration und Dirty Projectors waren nur einige der Namen, die zuletzt von einem wichtigtuerischen Indiemund zum nächsten huschten. Jetzt sind Effie Briest dran. Für Fans von: The Fiery Furnaces, The Slits und auch Can. Sieben Frauen, die alle möglichen und unmöglichen Instrumente der Welt spielen und sich nach einem Film von Rainer Werner Fassbinder (und eben nicht nach der gleichnamigen Romanvorlage von Theodor Fontane) benannten. Da mag man sich fragen, wie es zu so etwas kommt. Und die Antwort fällt überraschend einfach aus: Schlagzeugerin Corinne Jones hat „einfach jede, die ich kannte gefragt, ob sie mit mir in einer Band spielen möchte. Einige davon waren Musikerinnen, andere nicht. Das war mir aber eigentlich egal. Wir sind ja nicht rumgerannt und haben überlegt, dass wir genau hier noch ein Akkordeon bräuchten oder so. Rebbeca [Squires] haben wir zum Beispiel einfach getroffen und sie konnte eben Akkordeon spielen. Also luden wir sie ein, nach dem Motto: ‚Komm doch und spiel bei uns mit. Oh, und Klarinette kannst du auch spielen? Kannst du die auch gleich mitbringen?’“, sagt Jones, die sich mit der Gründung einer All-Girl-Rockband einen Lebenstraum erfüllt hat. Natürlich blitzen bei einem solchen Stichwort Assoziationen auf wie L7, Bikini Kill oder Babes In Toyland. Und tatsächlich stehen auch Effi Briest zu den Einflüssen dieser Riot-Grrrls-Pioniere. Doch ihr Sound geht weit über schmutzigen Noiserock hinaus und umarmt sogar Krautrock und elegischen Free Folk – alles mit einer gewissen Neigung zur Psychedelia. Patzer sind dabei Teil des Konzepts: „Wir spielen einen Song immer und immer wieder und all die Fehler mutieren und verwandeln den Song in etwas viel interessanteres als wir ursprünglich vorhatten“, beschreibt Gitarristin Sara Shaw die Philosophie ihrer Band gegenüber dem NME, „Wenn du stundenlang ein und denselben Songs spielst, fühlst du dich irgendwann, als würde er dich einwickeln. Wenn wir auf der Bühne sind habe ich oft das Gefühl, dass die Lieder ein Eigenleben entwickeln. Die Musik gewinnt die Oberhand und führt dich in Trance“. Auch der Hang zum dichterischen Abgrund gehört bei Effi Briest zum Selbstverständnis: „Wir erforschen gerne die dunkle Seite… das mag vielleicht etwas morbid klingen, aber für mich hat das etwas sehr feierliches”, sagt Jones. Ein Album der DIY-Kombo ist in nächster Nähe zwar noch nicht zu erwarten. Doch eine 7″-Single mit den hervorragenden Songs „Mirror Rim“ und „Newlyweds Song“ (Cover eines nicht gerade übermäßigen bekannten Songs von Jim Pepper) ist bereits über das britische Label Loog Records erhältlich. Beide Stücke stehen übrigens auch wie bestellt und nicht abgeholt auf der
der Band.
Stephan Rehm – 02.01.2008