Es geht nur um eines!


Die Peripherie Europas ist in den letzten Jahren zur Fundgrube für den Independent-Freund geworden. Nirgendwo ist selbst der Mainstream so schräg – vorbei die Zeiten von Abba und A-ha. Heute dominiert ein spleeniger Folk-Elektroniker namens Mugison wochenlang die isländischen Charts. In Norwegen tut es ihm Kaizers Orchestra mit schmachtendem bis schwungvollem Polka-Rock gleich. Bereits das Debüt Ompa Til Du Dor (2001) wurde zur bis dahin erfolgreichsten norwegischsprachigen Platte überhaupt. Seit das Album vorzwei Jahren auch international erschien, hat sich das Orchestra zur Underground-Größe gemausert.

Das ist bemerkenswert, weil Janove Ottesen, Sänger und Songschreiber des Sextetts, wirklich nur norwegisch singt. Eigenwillig instrumentiert (Ölfässer und Autofelgen als Perkussionsinstrumente) und gewürzt mit Anleihen bei Polka und Tango, klingt die Kaizers-Mischung wie Turbo-Volksmusik. Doch Ottesen wehrt allzu abseitige Erwartungen ab: „Wenn du uns live gesehenhast. weißt du: Wir sind eine Rock’n’Roll-Band.“

Die Live-Performance ist denn auch das zentrale Anliegen der Band; auf das Spektakel bei ihren Auftritten sind sie stolz. Daher mag Ottesen sich weder ausführlich zur Entstehung des dritten Albums Maestro äußern („Eigentlich widerspricht es unserer Herangehensweise, zweieinhalb Jahre an einer Platte zu arbeiten‘), noch versteht er, warum ausländische Journalisten ihn immer wieder zu seinen Texten befragen: „Für uns ist das nicht wichtig. Wir versuchen nicht, irgend etwas auszudrücken.“ In früheren Interviews indes hat er erzählt, die Songs handelten von „Mafia“-Themen: Religion, Krieg, Ehre. Da darf man doch mal nachfragen.

„Die schweren Themen passen zur Musik, aberwir präsentieren sie mit einem großen Grinsen. Reine Fiktion.“, wie um zu beweisen, daß das Ganze so gut gekühlt ist, wie er es serviert, fügt Ottesen hinzu: „Die anderen in der Band haben mich nie gefragt, was die Texte bedeuten.“

Eigentlich sympathisch, wie konsequent sich das Orchestra allen Zuschreibungen und Einordnungen entzieht. Es geht ums Live-Handwerk. Sie wollen das Publikum wegblasen. Das funktioniert bei Menschen, die die Sprache nicht verstehen, noch besser, findet Ottesen. Da zähle nur die Chemie. Und er beweist ein weiteres Mal, daß es seiner Band nicht um enigmatische Inszenierungen geht, als er mit einem Grinsen von aktuellen musikalischen Vorlieben erzählt: „Ich hab‘ angefangen, Rolling Stones zu hören. Echt ’ne gute Band.“

www.kaizers-orchestra.de