Falco & Mende/DeRouge – „Gemma ins Studio, des is jo geil!“


Im Studio der Frankfurter Produzenten Günther Mende und Candy deRouge blüht derzeit der Wiener Schmäh. Nach ihren Erfolgen mit Jennifer Rush und Bonnie Bianco sucht nun auch Johann Hoelzl alias Falco die Hilfestellung des Songschreiber- und Produzenten-Teams. Detlef Kinsler verfolgte die Zusammenarbeit.

Zum Produzieren sind wir gekommen, weil die Nummern, die wir zusammen geschrieben haben, kein Schwein aufnehmen wollte.“ Während im Studio nebenan noch an Playbacks für Austro-Superstar Falco gefeilt wird, versucht Günther Mende (35) zu artikulieren, warum er und Partner deRouge (36) zu Deutschlands derzeit gefragtestem Produzenten-Team avanciert sind.

Das Teamwork begann zu einer Zeit, als Mende noch als A&R-Koordinator („Im Klartext: Ich durfte Kopien und Cassetten ziehen“) bei CBS davon träumte, als Ex-Musiker das Administrative wieder mit kreativer Arbeit vertauschen zu dürfen. Irgendwann (inzwischen mehr als zehn Jahre her) erfüllte man ihm seinen Wunsch, richtete ihm mit einem bescheidenen Demo-Studio im S Hause „eine kleine Spielwiese“ (Mende) ein und ließ ihn in aller Ruhe werkeln.

Eine der ersten LPs, die Mende für die CBS realisierte, war ein Album der deutschen Popband Red Baron – mit Candy deRouge als Sänger und Schreiber. Man blieb in Kontakt, auch als Red Baron längst keinen Vertrag mehr mit Mendes Brötchengeber hatten.

1980 wagte man gemeinsam den Sprung ins kalte Wasser. DeRouge kündigte seiner Band, und Mende verließ die CBS mit der Erkenntnis:

„Es wird in dieser Branche nicht nach Fähigkeiten oder Engagement gemessen, sondern nach der Devise: Hat der Mensch schon mal was gemacht, das verkauft hat oder nicht? Qualität ist folglich nur das, was in der Bilanz unterm Strich stehen bleibt.“

Autorenteams und Produzenten, so ist’s Usus, binden sich meist exklusiv an Musikverlage. Und sind dann auch auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, ob es in dieser Konstellation zu konkreten Projekten und Veröffentlichungen kommt oder nicht. Vorschüsse sind meist schnell aufgebraucht, und ohne Veröffentlichungen und Verkäufe gibt es auch keine Lizenzen, sprich kein Geld.

Wie es ist. quasi auf Eis gelegt zu sein, erfuhren Mende/deRouge während einer zweijährigen Bindung an eine Hamburger Plattenfirma: Eine einzige LP erschien in diesem Zeitraum. „Da leidest du schon, wenn partout nichts passiert.“

Doch einer war da, der sich einer ihrer Songs erinnerte. Der ließ dann den Schlager „Die Fischer von Rhodos“ von einem gewissen Tommy Steineraufnehmen und konnte mit Genugtuung verfolgen, daß die Single 550.000 Exemplare verkaufte. „Von Das Trio kommerziell (v.l.): Mende, Falco, deRouge. „Der Hansi“, so Mende, „ist ein geiler Typ. Der sagt: ,Du Oaschloch, i geh wieder harn.‘ So finde ich das korrekt.“

da an waren wir aus dem Gröbsten raus“, erinnert sich Mende.

Noch bevor sich der erste Geldregen abzeichnete, waren die zwei bei einem alten Kollegen vorstellig geworden: Michael Stark, Geschäftsführer des Musikverlages CBS Songs. “ Wir erklärten ihm: Tatsache ist, daß wir nichts zu fressen haben, wir stehen vor der Entscheidung, in unsere alten Berufe zurückzugehen, wenn uns keiner Geld gibt.“

Kurz nach diesem „Betteltermin“ (Mende) sprach Stark seine neu eingekauften Autoren auf eine Stimme an, die ihn faszinierte, aber bislang als Heidi Stern lediglich einen Flop produziert hatte. „Ich spüre da was, und wenn ihr das auch spürt, laßt uns daran arbeiten“, sagte er zu Mende/ deRouge: Die Geburlsstunde des erfolgreichen Teams Mende/deRouge/ Stark/Jennifer Rush.

Mende: „Endlich waren wir in der glücklichen Lage, mit unserem Material nicht mehr hausieren gehen zu müssen, sondern hauen nun mit Jenny ein potentes Medium für unsere Seele – the rest is history!“ Günther (und da spricht er einfach für Candy mit) macht keinen Hehl aus seinem Bekenntnis zu Pop und Kommerz. “ Wir haben uns das ausgesucht, um Geld zu verdienen. Irgendwelche Ansprüche auf Kunst haben wir nie gehabt.“

Der eigene Geschmack bleibt trotzdem nicht außen vor. „Wohlbefinden, Harmonie und Schönklang sind ja nun nicht unbedingt Begriffe, die man mit Gewalt aus der Musik verdrängen muß. Gerade diese Faktoren hatten ja auch viel mit Jennifer Rush zu tun. Und gepaart mit ihrer Stimme hat das ja offensichtlich bei Millionen Menschen was ausgelöst.“

Die Erfolge, u.a. zwei Rush-LPs an der Spitze der deutschen Charts, ein Singlehit in Großbritannien, machte die Macher „zu recht ein bißchen Stolz“. Und selbst Leute, „die uns früher nicht mal mit dem Hintern angeguckt haben, kannten uns plötzlich.“ Aber die Jungs steckten so tief in ihrer Arbeit, bekamen so viele Angebote, daß sie den Erfolg, ob nun positiv oder negativ, gar nicht so recht mitbekamen.

Aus ihrem Trott wurden sie just in dem Moment gerissen, als sie eine weitere Erfahrung dieses Geschäfts machen mußten: Daß es so was wie Loyalität in dieser Branche nicht gibt. Entgegen dem ungeschriebenen Gesetz „Never Change A Winning

Team“ schielte die inzwischen zum Star avancierte Jennifer Rush ohne Scham nach Amerika. Und nach „Starproduzenten“.

“ Wir sind da durch viele Gespräche sehr verunsichert worden“, wagt Günther noch mal einen Blick zurück in die Geschichte, die er für sich längst abgeschlossen hat. „Im Endeffekt haben wir sämtlichen Erfolg Jennys Stimme und der Plattenfirma zugeschrieben und haben gar nicht mehr an unser Material und unsere Produktionen als mitverantwortlich für den Erfolg geglaubt. Und das ist eigentlich schon sehr pervers.“

Inzwischen haben sie trotz Kollegenschelte von Jennifers neuem Produzenten Harold Faltermeyer) die Genugtuung (falls ihnen überhaupt danach war), daß die Rush trotz Elton John in England nichts mehr bewegt hat.

Dafür konnten sich Mende/de-Rouge in anderen Kooperationen beweisen. Mit „Miss You So“ und Bonnie Bianco. Und sogar mit der längst abgeschriebenen Sally Oldfield – zwei Stimmen, die unser Team faszinierten. „Nur wegen den Dollars würden wir keinen Auftrag annehmen; das muß künstlerisch und menschlich schon stimmen. „

Mit Falco ist ihnen, „eine echte Überraschung“ (Mende), zum ersten Mal ein etablierter Künstler angeboten worden, nachdem sie bislang fast immer Aufbauhilfe leisten mußten.

„Das hat uns ungemein gefreut. Das ist was anderes. Und der Hansi ist ein geiler Typ. Das ist die reine Bauchnummer. Der kommt, spürt, sieht und sagt: ,Geh‘ heast. du Oaschloch, i geh wieder harn‘ oder ‚Gemma, Oida, gemma ins Studio, des is jo geil!‘ So finde ich das korrekt.“