Flurfunk


Auf Wiederschreiben

Diedrich Diederichsen gilt für Generationen von Popmusikkritikern als Bob Dylan ihrer Zunft. Als Redakteur der Zeitschrift „Sounds“ (1979 bis 1983) und später als Chefredakteur von „Spex“ (1985 bis 1990) entwickelte der Poptheoretiker die Plattenkritik zu einer eigenständigen journalistischen Form. In den letzten Jahren von „Sounds“, einer Zeitschrift, die retrospektiv gerne als allumfassend super verklärt wird, obwohl auch sie überwiegend von der berufsjugendlichen Behelfssprache entwicklungsresistenter Rolling-Stones- und Eric-Clapton-Fans geprägt war, war Diederichsens diskursiver Stil eine bilderstürmerische Wohltat. Er bezog soziokulturelle Theorien und Dissidenzmodelle in eine journalistische Form ein, die vor ihm mehr schlecht als recht irgendwie zu beschreiben versuchte, wie dufte Rockmusik denn so klingt.

1983 war „Sounds“ am Ende und wurde damals (nominal, nicht inhaltlich) mit dem Musikexpress zu „Musikexpress/Sounds“ fusioniert. Kurzzeitig schrieb Diederichsen für das Fusionsprodukt – unter dem Pseudonym Stefan Svoboda. Seit mehr als 25 Jahren allerdings hat der Autor, der heute unter anderem auch als Hochschullehrer tätig ist, keine Zeile mehr für den Musikexpress verfasst. Umso mehr freut es uns, dass wir Diedrich Diederichsen dafür gewinnen konnten, das einführende und einordnende Essay „Queerbeet“ (S. 30) zum Schwerpunktthema dieses Heftes, der Einfluss der Queer Culture auf die Popkultur, zu schreiben.

Sinn dieser Geschichte, in der auch Bloc-Party-Sänger Kele Okereke und Gossip-Sängerin Beth Ditto zu Wort kommen, ist es nicht, in einer Art positiven Diskriminierung die Nachricht zu vermitteln, hey, Schwule können ja auch Musik machen, es geht vielmehr darum, dass wir aufzeigen wollen, dass es viele uns wichtige Musikrichtungen ohne die Queer Culture nicht geben würde. Und davon kann er mehr als ein (Disco-)Lied singen.

Der Flurfunker