Ginger Baker trommelt wieder!


Ginger Baker, Schlagzeuger extraordinaire und Mitglied des Polo Clubs von Lagos, hat die Szene wieder betreten! Mit einer Armee. Mit den Brüdern Adrian und Paul Gurvitz, in der Tradition bleibend, in einem militärischen Verband. Der Baker Gurvitz Army. Aber abgesehen davon, dass sie auf ihrer Debut-LP oft wahre Stahlgewitter abziehen können, verstehen sie es auch, gekonnte subtile Töne anzuschlagen. Klar, dass einem auch sofort in den Sinn kommt, dieses neue Trio mit der Cream zu vergleichen, um nach Anhören der Platte befriedigt feststellen zu können, dass die Baker Gurvitz Army diesen Vergleich nicht zu scheuen brauchte.


Baker’s romanhafte Vergangenheit

Und wo wir gerade bei Cream sind, ist es bestimmt nicht beleidigend, anzunehmen, dass man an dieser Stelle ruhig mal wieder was über die romanhafte Vergangenheit Ginger Bakers erzählen kann, denn die Zeiten, in denen „Cream“ noch die Musikszene beherrschten, sind leider allzu lange vorbei. Ginger ist wohl der einzige Drummer, dessen Entschluss Schlagzeug spielen zu lernen, daher rührt, dass ihm ein agressives Taxi den Traum von einer schnellen Karriere als professioneller Radrennfahrer jäh zunichte machte. Aber noch war sein musikalischer Werdegang nicht ganz zu gradlinig, denn mit Fünfzehn begann er bei den Air Force-Kadetten Trompete zu lernen. Aber hier zeigt sich schon Gingers wahre Bestimmung, nach zwei Wochen stellt er die Trompete in die Ecke und beginnt mit dem Schlagzeug. Schon ein Jahr später muss er so perfekt gewesen sein, dass er bereits in den Bands von Acker Buk und Terry Lightfoot spielte und mit Diz Disley auf Skandinavien-Tournee ging, bei der die beiden Sisters Rosetta Tharpe begleiteten. Sein nächster Wechsel brachte ihn in die Alexis Korner Blues-Band. Hier lernte er Jack Bruce und Graham Bond kennen, mit denen er, als sie den Saxophonisten Dick Heckstall Smith kennenlernten, Korner verliess, um die Graham Bond Organisation ins Leben zu rufen. Eine legendäre Band, der aber nie der kommerzielle Erfolg beschienen war.

Ginger blieb dreieinhalb Jahre bei Bond. Dann kam der Tag, dass er Clapton bei John Mayalls Bluesbreakers hörte und spontan beschloss mit diesem Gitarristen eine Band zu gründen. Clapton war sofort dabei, und für die beiden war sofort klar, dass nur Jack Bruce ihr dritter Mann werden konnte.

Geheimnisse afrikanischer Trommelkunst

Nach Cream’s traurigem Ende wurde Baker Mitglied einer weiteren Supergroup. Blind Faith, deren Name zum bösen Omen für die beteiligten Musiker wurde, denn die Band platzte nach wenigen Monaten. Zu jener Zeit wurde Ginger von einem anderen Drummer, Phil Seamen, auf afrikanische Musik angetörnt und war sofort fasziniert. 1970 begann die erste Air Force-Formation, die wie die Nachfolger, der vielen Wechsel und Schwierigkeiten innerhalb der Band wegen, leider auch nicht lange überlebte. Aber Gingers Interesse für die afrikanische Musik war jetzt seine treibende Kraft. Er ging nach Lagos, eröffnete einen Nachtclub, baute das erste mehrspurige Aufnahmestudio in Afrika, arrangierte eine Tournee für Fela Ransom Kuti und machte mit dem Regisseur Tony Ralmer einen Film über die Geheimnisse der afrikanischen Trommelkunst. 72 kam er für eine kurze Tournee mit seiner afrikanischen Band Salt auch nach Europa. Leider beschieden die amerikanischen Einwanderungsbehörden Salt kurz darauf ein schnelles Ende. Ginger kehrte sauer nach Afrika zurück und entschloss sich, dem angloamerikanischen Musikbusiness den Rücken zu kehren. Doch letzten Sommer, während eines kurzen Aufenthalts in England machte es klick. Er kam per Zufall mit Adrian und Paul Gurvitz zusammen und wusste sofort, dass sie drei eine Musik machen könnten, die da ansetzen würde, wo Cream einst aufgehört hatte. Und da diesmal auch alle finanziellen und vertraglichen Vorbedingungen kurz und bündig geregelt werden konnten, konnte die erste LP und eine erste Tournee schnell in Angriff genommen werden. The Baker Gurvitz Army marschierte.

Der Drummer, der zu Bowie desertierte

Vielleicht noch kurz etwas über die Gebrüder Gurvitz. Adrian begann mit acht Jahren Gitarre zu spielen. Seine ersten professionellen Stationen waren die Band von Crispian St. Peters und Ruperts People. 1967 stieg er in seines Bruders Band, The Gun ein und schrieb fortan beinahe all deren Stücke. Der Nr. 1-Hit der Band, „Race With The Devil“, stammte aus seiner Feder. Nach Guns Auflösung kam er mit Buddy Miles in London zusammen, und ging mit ihm in die Staaten, um ein Jahr lang in den diversen Ausgaben des Buddy Miles Express zu spielen.

Nach London zurückgekehrt, gründete er mit Bruder Paul, der es für eine Weile mit dem Ex-Shadow Brian Parrish als Duo Parrish und Gurvitz versucht hatte, die Three Men Army. Diese Band nahm drei LPs auf, tourte durch die Staaten mit den Beach Boys und den Doobie Brothers und stand, da der letzte Drummer gerade zu David Bowie desertiert war, kurz vor der Auflösung als Ginger Baker die Szenerie betrat. Doch die neue Armee, mit dem Arsenal Trommeln von Gingers Schlagzeug, scheint genügend Munition zu haben, die Zeiten zu überdauern.