Helfen statt hauen


In der Asyl-Kampagne „Helfen statt Hauen" posierte Peter Maffay als Ringo Starr. Jetzt liefert er die harten Argumente nach.

„Es wird uns Deutsche der Teufel holen“, warnte erst kürzlich Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, wenn es uns nicht gelänge, den rechten Rand unserer Gemeinschaft vom Wert unserer Demokratie zu überzeugen. Eine ernste Aufforderung an uns alle.

Ich bin fest davon überzeugt, daß die meisten jugendlichen Randalierer die Zusammenhänge ihrer Vergangenheit nicht kennen. Es ist ihnen nie begreiflich gemacht worden, daß es schon einmal Menschen gab, die in ihrer Angst und ihrer Hilflosigkeit einem Führer in den Untergang gefolgt sind. Deshalb ist es wichtig, diesen Aufklärungsprozeß zu betreiben, und zwar so, daß über das Wissen um die Vergangenheit das Interesse an ihr geweckt wird. Denn wer seine eigene Geschichte nicht kennt, hat auch keine Zukunft.

Wenn sie eine Perspektive für sich entdecken, werden auch in ihren Köpfen die Aggressionen einem gestalterischen Moment für die eigene Zukunft weichen. Diese Tür zurück in die Gemeinschaft müssen wir den jugendlichen Krawallmachern offen halten. Das geht wohl nur, wenn wir auch andere, ganz profane Voraussetzungen schaffen: die wirtschaftlichen.

Die unzähligen Mitläufer mit Gewalttätern auf die selbe Stufe zu stellen, wäre sicher falsch. Diejenigen aber, die zweifelsfrei Gewalt predigen, die diese Gewalt organisieren, sollten so behandelt werden wie andere gewalttätige Gruppierungen auch. Wenn Flaschen mit brennendem, explosiven Inhalt in Kinderstuben fliegen, dann sind das Mordversuche. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Wenn einer einen anderen plattgemacht hat, kann man ihm keine Türe aufhalten außer einer, und die geht in die Zelle.

Verübte früher ein RAF-Mitglied einen Anschlag, bekam er dafür ein paar mal lebenslänglich. Ich möchte gerne wissen, mit welchem Recht Richter heute Gewalttäter, die jemanden erschlagen haben, mit zwei bis vier Jahren davonkommen lassen, manchmal sogar auf Bewährung, Diese Schere im Kopf schaufelte schon in der Weimarer Zeit Wasser auf die Mühlen des Rechtsextremismus.

Dem harten Kern dieser Idioten müssen wir doch klar machen, daß sie in der allerletzten Konsequenz eine Wiederholung der Szenen in Hamburg. Dresden und Berlin im II. Weltkrieg provozieren. Der Rest der Welt wird sich einen zweiten Hitler doch niemals bieten lassen, sondern irgendwann diesen Wahnsinn mit einem Knopfdruck erledigen. Da können sie sich soviel Glatzen schneiden wie sie wollen, eine Atombombe werden sie nicht aushalten.

Ich wünsche mir nichts mehr, als daß die Verhältnisse in der politischen Landschaft sich nicht wieder in den Bahnen bewegen wie in den Dreißiger Jahren. Deutschland ist der Platz, an den ich noch immer wieder gerne zurückkehre, Entwicklungen dieser Art könnten mich jedoch dazu veranlassen, über das Wort Heimat nachzudenken. Nur dort, wo ein menschenwürdiges Dasein möglich ist, wo Menschen um mich herum sind, die liberal und cosmopolitisch denken, möchte ich meine Zelte behalten. Meine Heimat kann kein Land sein, wo man faschistoid denkt und handelt, Menschenrechte mit Füßen tritt.

Obwohl ich aus Rumänien komme, wurde ich nie als Ausländer beschimpft. Im Gegenteil, mir ist hier eine Gastfreundschaft und Sympathie zuteil geworden, die mich Dankbarkeit empfinden läßt. Ich bin deshalb nicht bereit, kampflos zuzusehen, wie dieser Staat von einigen Ignoranten in Schutt und Asche gelegt werden soll.

Es ist für uns alle sehr wichtig, daß wir die Attitüde einer kritischen Haltung wieder beleben. Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß wir ein Land mit dem hohem Standard sind — materiell wie ideel — das heißt, hier leben 80 Mio. Menschen, von denen die absolute Majorität ganz und gar nicht extremistisch ist, dann müßten wir die Chance erkennen, unsere Probleme im Geiste des Humanismus zu lösen.

Es wird deshalb nicht möglich sein, alle Menschen aufzunehmen, die zu uns kommen. Das ist wie ein Wasserstrahl, der auf einen Schwamm geht, irgendwann rinnt das Wasser einmal durch. Ich glaube auch nicht, daß die Weltöffentlichkeit das von uns erwartet. Was man aber erwartet, ist. daß wir mit denen, die da sind, besser umgehen. Es kann doch nicht zuviel verlangt sein, daß sich unsere Gesellschaft endlich einmal wie eine solche verhält und nicht wie ein Haufen von Bestien.