Hirnflimmern


Not to be used lightly!

Der Kollege Rehm kommt rein und fragt, ob jemand was „von Draußen“ (wir nennen es nur noch pauschal „Draußen“, weil wir eh so selten hinkommen, dass sich weitere Differenzierungen erübrigen) braucht, er gehe rüber zum Supermarkt. Koch ist unentschlossen: „Vielleicht geh ich nachher noch zum Bäcker.“ – „Zum Bäcker!“ rufe ich, weil das ein Ärztelied ist.“Wirklich?“ meint Koch. Ja, klar. Über den Supermarkt gibt’s auch eins. „Sie trägt nen roten Minirock und sie ist immer nett zu mir. Manchmal bescheißt sie mit dem Wechselgeld, sie ist das Mädchen von Kasse vier.“-„Es gibt wahrscheinlich alles schon als Ärzte-Lied“, sagt Koch und wirkt resigniert. Er schaut sich um, sieht eine Banane auf meinem Tisch. „Bananen vermutlich auch.“ Klar: „Die Banane“ von Bela.“Auf PLANET PUNK“, ergänzt Kollege Rehm. Koch deutet auf mein Telefon. „Und Telefon sicher auch.“Selbstverständlich:“T-Error“von Rod, auf GERÄUSCH. „Und, 2000 Mädchen‘ natürlich“, ergänzt Kollege Rehm. Koch deutet auf Kollege Rehms Adidas-Jacke: „Und Trainingsjacken?“ Oh. Wir überlegen. Nein, Trainingsjacken …die Trainingsjacken haben sie Tocotronic überlassen. Ich habe gerade eine Email erhalten mit dem Betreff: „My boyfriend’s putz is to big for my mouth.“ Seit wann ist „putz“ ein Synonym für „Penis“? Oder -Entschuldigung-bin ich schon so versaut durch den ganzen Spam-Dreck, dass ich überall nur noch „Penis“ lese und eigentlich meint die Absenderin einen Pflaumenkuchen, den ihr der Boyfriend, der vielleicht Bäcker ist, gebracht hat. Pflaumenkuchen, meine Güte, das ist ja auch schon wieder eine Schweinerei! Oder? Ich blick’s nicht mehr.

Während Kollege Lindemann und ich uns noch, hilflos vor Hirnerschöpfung, mit Spekulationen über die mutmaßliche Etymologie von „putz“ beömmeln (www.urbandictionary.com hat mittlerweile Gewissheit gebracht: ‚…putz‘: literally: vulgar slang for penis, not to be used lightly. More offensive than the schmuck, which can be used affectionately or teasingly‘), kommt Kollegin Aline vorbei und hängt als Nachricht an die später am Tag erwarteten Raumpflegekräfte einen Zettel an die Tür:

„Liebes Reinigungsteam. Wir bitten Sie um folgende grundlegende Putzleistungen:Staubsaugen, Schreibtische reinigen, Sideboards reinigen.“ Das ist zu viel. Lindemann möchte noch „Skateboards reinigen“ dazuschreiben, mich hingegen drängt es danach, Müllmails zu versenden, um dieses schöne Wort in in den Wortschleuderschatz des kollektiven globalen Spam-Hirns einzuschleusen. My boyfriend’s putzleistung is really impressive.

Ich denke, ich spreche auch für den Kollegen Lindemann, wenn ich erkläre, dass wir wirklich keinen ausgeprägten Hang zu pubertären Wortklaubereien mit Pfui-Ausdrücken haben. Aber irgendwo muss halt auch mal eine Grenze sein. Einmal fuhr ich mit einer Bekannten durch Oberösterreich. Im Bezirk Vöcklabruck passierten wir das Ortsschild des Weilers Mösendorf. Ich sagte nichts. Ich weiß nicht, ob vielleicht eine Wimper zuckte, eine Braue sich hob. „Jaja!“, krähte wie automatisch die Bekannte. „Männer mit ihrer schmutzigen Fantasie!“ Entschuldigung? Der Ort heißt Mösendorf. Da braucht man niemandem schmutzige Fantasie zu unterstellen, das hat auch nichts mit Doppeldeutigkeiten zu tun. So nennt man einfach keine Dörfer. Lassen Sie sich das von jemandem gesagt sein, der aus der Nähe des oberbayerischen Ortes Petting kommt (ich habe gerade zur Sicherheit „Palling“ im Urban Dictionary gecheckt; es heißt nichts; bin ich froh.)