Im Frühtau Zu Lindenberge


Ex-Rapper MAX HERRE spielt auf seinem neuen Soloalbum Slacker-Songwriter-Folkrock ohne eine Spur von Hiphop.

Vielleicht ist es gar nicht der Paradigmenwechsel, den man doch so gern feststellen würde. Vielleicht war die Sache mit dem Hiphop im Leben von Max Herre, 36, nur eine Episode, der nun eine andere folgt. Dem einstigen Kopf der Rapper Freundeskreis scheint diese Interpretation zu gefallen. „Alte Freundeskreis-Tracks wie ,Leg‘ Dein Ohr auf die Schiene der Geschichte‘ und ,A.N.N.A.‘ waren, wenn du die Instrumentals hörst, nicht weit „weg von Folk“, sagt er und fügt an, musikalische Schnittstellen hätten ihn schon immer interessiert. Heißt: auf der einen Seite produzierte er für seine Exfrau Joy Denalane Platten zwischen Soul und Conscious-Rap, auf der anderen hörte er selbst lieber Rio Reiser, James Taylor und Bob Dylan. Letzterer taucht im Gespräch immer wieder auf, in Bezug auf den Titeltrack des neuen Albums EIN GESCHENKTER TAG, in dem sich Herre nahe an Dvlan’scher Intonation bewegt, aber auch wenn es um Herres Songwritingansatz geht. „Dylan sagte einmal, für ihn ist Songwriting wie eine Hauptstraße hinunterzulaufen. Man schaut mal nach links, mal nach rechts, biegt mal kurz in eine Seitenstraße ab. Man schreibt einen Satz, lässt sich treiben … Das mag ich.“ Herre stellt so auch klar, dass zumindest textlich die Dinge anders laufen als seinerzeit beim Freundeskreis. Klassisches Storytelling wird durch das Schildern von Stimmungen ersetzt, Nähe zur Realität durch Surrealismus. Einfach war das nicht: „Ich habe als Rapper gelernt, auf Takt zu schreiben. Das ist eine sehr formale Herangehensweise, die manchmal helfen kann. Es kostet mich aber auch immer noch viel Kraft und Mut, um die Ecke zu gehen. “ Dass sich Herre in einer Art Lernprozess befindet, merkt man-auch weil EINGESCHENKTER TAG den direkten Vergleich mit einem der Großen erlaubt: Herre covert Udo Lindenbergs „Wir wollen doch einfach nur zusammen sein“, was gut in die Lebensgeschichte des Stuttgarters passt: Sein erstes Album war 1981 UDOPIA, sein erstes Konzert Lindenberg in der Schleyerhalle. Er arbeitet den Song allerdings eher ab, als ihn neu zu interpretieren. Ein bisschen was hat er aber doch geändert: “ Ich habe den Song aus dem Gedächnis gesungen. Da passiert so was“, sagt Herre und lacht: “ Und eins habe ich nicht über die Lippen gebracht: ,ein heißes Mädchen‘. Das war für mich so 7Oer-Hamburg-Kiez, da habe ich dann lieber das ,tolle Mädchen‘ genommen. Das würde ich auch selbst so sagen.