Jamaika 2.0


Die interaktive Site www.jamrid.com macht den Rechner zum Soundsystem und größten Reggae-Archiv der Welt.

Jamaika funktioniert schon immer und noch immer nach seinen eigenen Gesetzen. Ist ein Song erfolgreich, nehmen andere Künstler so schnell wie möglich eine eigene Version bzw. einen eigenen Song auf den „Riddim“ der populären Single auf. (Was passiert, wenn man diese Kultur nicht versteht, zeigte sich in den 70er-Jahren auf dem Höhepunkt der weltweiten Reggae-Begeisterung: Abgesandte von britischen Majorlabels bezahlten hohe Summen an jamaikanische Stars für „Exklusiwerträge“. Kaum saßen die A&Rs wieder im Flugzeug, kehrten die verblüfften Sänger zum Tagesgeschäft zurück und nahmen weiterhin munter Singles und Alben für jeden Produzenten auf, der ihnen ein verlockendes Angebot machte.) Durchschauen lässt sich dieses System hervorragend auf der schauderhaft gestalteten (aber nichtsdestotrotz sensationellen) Website www.jamrid.com: Unter „Riddim?!“ findet sich zunächst eine Erläuterung des musikalischen Phänomens. Über „Quickref“ lässt sich von hier aus zudem ein einfaches Menü öffnen, das die wichtigsten Riddims aus den Bereichen „Classic“, „Ragga“ und „Digital“ einzeln ansteuerbar macht. Wer in dem herausragend verlinkten „Artist Index“ stöbert, wird bald interessante Entdeckungen machen: Wie sich hier nachvollziehen lässt, beruht Sean Pauls Top-10-Hit „Get Busy“ von 2003 zum Beispiel auf dem „Diwali“-Riddim. Clickt man „Diwah“, stellt man fest, dass auch zahlreiche andere Größen wie Elephant Man, Buju Banton, Bounty Killer, Beenie Man und Anthony B. eigene Songs mit diesem treibenden Instrumentalbrett aufgenommen haben. Auch Sizzlas „Ain’t Scared“ ist alles andere als ein Unikat: Gute 100 Songs (u.a. von Capleton, fast allen oben genannten und auch Sean Paul) sind hier katalogisiert – alle beruhen auf dem bei Soundsystems populären „Mud Up“-Riddim.

Wer selbst zum Dancehall-DJ werden will, lädt sich das kostenlose „Soundman“ herunter. Das simple Programm enthält einen MP3-Mixer, der auf Musik auf der Festplatte zugreifen kann, und einen „Riddim Reference“-Player, der hunderte von grandiosen alten Originalaufnahmen legendärer Produzenten wie Lee „Scratch“ Perry und King Tubby abspielt. Hier lassen sich auch einige der meistbenutzten Riddims aller Zeiten anhören: „Sleng Teng“ (1985), „Bam Bam“ (die Grundlage für das von Sly & Robbie produzierte „Murder She Wrote“ von Chaka Demus & Pliers) und der 1967 im Studio One produzierte „Real Rock“-Riddim.