John Denver


Weit weg vom Rummel der Großstädte dachte John Henry Deutschendorf daran, unter seinem Künstlernamen das Land seiner Großeltern zu bereisen. Der Ort hätte ihn an die Geschichte vom tapferen Schneiderlein erinnern sollen und an die Art, wie Tatkraft und Ideenreichtum damals hierzulande belohnt wurden. John Denver, der Sänger, hatte allerdings weit mehr zu bieten.

Zusammen mit einer Handvoll Kollegen bildet er die Spitzenklasse in Sachen Entertainment der 79er Popsaison. Was John Denver auf der Bühne in Hamburg, Frankfurt/M. und anderswo bot, muß man unter den einheimischen Unterhaltungskünstlern mit der Lupe suchen. Cleverness und Routine, die nie in steifes Titel absingen abrutschten; ein Programmablauf, der den Namen auch verdient; Überraschungen an der E-Gitarre („finally, the kid went electric“) und ein Environment, das an den alten Traum von der Form-Inhalt-Einheit erinnerte. Hinter sich hatte er Musikanten, die sich durchjahrelanges Profitum u. a. bei Presley und als Studiospezialisten weder musikalische Ideen noch ihre Selbständigkeit im Ausdruck abkaufen ließen. Man möge doch mal im Heer der teutonischen Flötisten einen vorführen, der mit zwei Chorussen so viel Blues aus dem Volksschulholz holt wie Denvers Sideman.

Doch solcherlei musikalische Dinge nahm die deutsche Konzertkritik nicht wahr. Stattdessen wurde eine Randerscheinung zum Hauptbeweis Denverscher Denkungsart ausgewalzt: Ein Fan wollte unbedingt zu einem früheren Zeitpunkt als Denver dessen Hit „Country Road“ hören, störte selbst nach mehrfachem Bitten sich zu beruhigen, und mußte dann den Saal verlassen. Ob sich die Kritiker des professionellen Denver in ihre Funkmoderation oder Zeitungskritik reinreden lassen? Vom Meckern über verkleidete Bühnenlautsprecher und themengerechte Diaprojektionen ganz zu schweigen. Das sollte, wenn überhaupt, berichtet, aber nicht zentral interpretiert werden. Vielleicht wäre es in Zukunft besser, und das nicht nur bei exzellenten Konzerten wie denen John Denvers. Kritiker ins Konzert zu schicken, denen Ohren wichtiger sind als optische Lust- und theoretische Frusterlebnisse. Denn ihnen bliebe jenes Trauma erspart, daß sich ein Publikum glänzend unterhalten fühlte, begeistert applaudierte und jegliche fachmännische Erklärung gar nicht wünscht, weil Künstler und Show aussagekräftig genug sind. Was dann zu beschreiben wäre. Sicherlich keine leichte Aufgabe, zumal es hierzulande nicht ohne Tiefsinn zu gehen scheint. Wieviele kämpfen so intensiv für unzerstörte Umwelt, Menschlichkeit, gegen soziale Ungerechtigkeit und Krieg? Dies ist Denvers musikalisches Anliegen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.