John Mayall


Der Altmeister des Blues ging mit den musikalischen Kostproben, die ihm ME/Sounds servierte, gnadenlos ins Gericht. Von Anfang an gebärdete er sich wie ein Apostel des Negativen - es schien, als habe jedes einzelne Musikbeispiel auf ihn die Wirkung eines roten Tuchs. So stampfte er nahezu die gesamte Riege seiner Blind-Date-Kollegen in Grund und Boden und ließ kaum ein gutes Haar an den Aufnahmen.

Sandra: „(Life May Be) A Big Insanity“

„Das Intro ist viel zu lang. Das verdirbt mir gleich jede Stimmung. Und wenn dann wider Erwarten der eigentliche Song einsetzt, drücke ich fast schon automatisch auf den Knopf am Plattenspieler, um mir das nicht antun zu müssen. Um ehrlich zu sein: Derlei Musik kommt bei mir erst gar nicht auf den Plattenteller.“

„Gary Moore: „Still Got The Blues“

„Dieser Song paßt ausgezeichnet in die Empfangshalle eines typischen Hotels in Las Vegas. Im Hintergrund hört man die Glücksspieler wetteifern, während vorne im Foyer dezente Musik erklingt. Wie heißt dieser Typ, der weder richtig singen kann noch eine persönliche Note ins Spiel bringt? Ach ja, Gary Moore. Auf jeden Fall hat er vom Blues nicht den blassesten Schimmer.“

The Church: „Metropolis“

„Geh mir bloß weg mit all diesen selbstgefälligen Pop-, Blues- oder Rock-Adepten. Die kann man samt und sonders in der Pfeife rauchen. Auch hier haben wir wieder einen typischen Fall von Techno-Pop mit sich ständig wiederholenden Phrasierungen und allerlei elektronischem Schnickschnack. Sofort aufhören, bitte. Stop!“

Bobby Brown: „Don’t Be Cruel“

„Und schon wieder ein Kandidat, der meint, Drum-Computer und SampleMaschinen konnten echte Musik-Instrumente ersetzen. Auf mich wirkt das wie Soul aus der Speicherbank. Das ist Musik von Technokraten wie Michael Jackson. Ich gebe zu. meine Frau liebt Bobby Brown über alles – doch mir geht er schlichtweg auf den Zeiger.“

Alannah Myles: „Black Velvet“

„Das fängt vielversprechend an und gibt sich ausgesprochen bluesig – doch dann bricht die Lady ein. Ich will ihr trotz ihres augenblicklichen Erfolgs nicht zu nahe treten: Alannah gibt sich zwar redlich Mühe, doch bis zum echten Blues hat sie noch einen weiten Weg vor sich. Ob sie’s jemals schafft, bezweifle ich allerdings.“

Ryuichi Sakamoto: „You Do Me“

„Wann immer ich in Los Angeles spazierengehe und zufällig an einer Ampel stehenbleibe, rasen irgendwelche Schickimicki-Flitzer an mir vorbei, aus denen genau diese Art von Musik dröhnt. So nach dem Motto: Wie nerve ich meinen Nachbarn. Und das gelingt am besten mit abgedroschenen Rhythmen, die sich permanent und mechanisch selbst reproduzieren.“

Lenny Kravitz: „Mr. Cab Driver“

„Ein Schwarzer, der gern den wilden Mann markieren möchte, indem er den Punk raushängen läßt, der letztlich aber ganz harmlos bleibt. Alles schon mal dagewesen – und vor allem schon mal besser, weil origineller. Diese Kra-Vitzfigur nervt vom ersten Riff an.“

Heart: „All I Wanna Do Is Make Love To You“

„Einverstanden. Dieser Wunsch ist ebenso nett wie belanglos, obwohl der Song immer noch reifer klingt als alle bisherigen Stücke der altersschwachen Kollegen. Das erinnert mich vom Sound her ein wenig an Peter Maffay – der hat auch so niedliche Songs und eine professionelle Produktion.“

Robert Plant: „Hurting Kind“

„Was für ein Jammer. Da schießen mir doch gleich die Tränen in die Augen, wenn Robert Plant seine ach so weinerliche Stimme erhebt. Außerdem greift er zu allem Überfluß auch noch auf die mit Abstand übelsten Elemente von Led Zeppelin zurück. Daß er den Song gnadenlos auf Kommerz getrimmt hat, wodurch jede Phantasie flötengeht, das gehört wohl zum Kalkül. Er wird damit garantiert Millionen von Platten verkaufen. Schrecklich.“

Billy Idol: „L. A. Woman“

„Hier versucht sich an einer am Blues-Rock in Form eines Oldies von den Doors und fällt dabei voll auf die Schnauze. Ich vermute, er weiß noch nicht mal. wie Blues-Rock richtig geschrieben wird. Wie soll er’s dann singen können? Ach was – der kann ja überhaupt nicht singen. Das ist doch bestenfalls ein Poser ohne Stimme. Eine solche posthume Behandlung hat der gute alte Jim Morrison wahrlich nicht verdient.“