Julian Lennon


Die Neugierde war groß! Innerhalb dreier Stunden alle verfügbaren Tickets vergriffen – heulende Teenager vor der „Sold out“-beschilderten Kasse des Beacon Theatres – unweit der Stelle, an der der Vater vor fünf Jahren sein Leben lassen mußte.

Die Frage war nicht: Wird das eine tolle Show?, sondern eindeutig: Kann ein 22jähriger Musiker mit einer LP, praktisch keiner Live-Erfahrung und diesem Vater am Buckel überhaupt locker auf die Bühne gehen ?

Doch Julian scheint das alles erstaunlich wenig zu berühren. Er zeigt sich erwachsen, selbstsicher und eine 60-Minuten-Show lang als vielversprechender Performer. Eine Sechs-Mann-Band (gemischt aus alten Schulfreunden und noch älteren Studiohasen) macht Dampf und webt einen soliden Rock-Teppich. Auch wenn Julian, der sich meist nur auf Singen beschränkt, einen Gang zurückschaltet, sich ans Piano setzt und Balladen intoniert, bleibt der Sympathico durchaus fesselnd; speziell natürlich bei „Valotte“, seinem hochgecharteten Single-Hit. Einwandfrei der Höhepunkt des Abends.

Lennons wirklich einziges Problem besteht momentan nur im relativ schwachen Songmaterial; selbst der in den amerikanischen Top Ten plazierte Titel „Too Late For Goodbye“ kommt live, ohne die fachkundige Produzenten-Hand von Phil Ramone, eher dünn von der Bühne.

Doch Julian checkt’s! Selbst wenn er sich dann mit der Coverversion des alten Ben-E.-King-Titels „Stand By Me“ hilft und dabei nur mit minimalen Abweichungen das Arrangement seines Vaters wiederholt, sei es ihm verziehen.

Ebenso die Zugaben „Daytripper“ und der Little-Richard-Klassiker „Slippin‘ And Slidin'“, die dem Junior zwar die heftigsten Publikumsreaktionen einbrachten, aber auch unmißverständlich klarmachten, daß hier einer seinen eigenen Weg noch gehen muß.

Wenn aber Julian in seiner beinahe naiven Selbstverständlichkeit den Rummel um seine Person weiterhin derart „easy“ verkraftet, dann wird man wohl bald den Mann haben, der ein großes Erbe weiterführt.