KALTE FRÜHLINGS-GEFÜHLE


Das britische Elektro-Duo hat seinen Amateurstatus hinter sich gelassen, nimmt jetzt im Studio und für Warp auf. Und mit Dubstep hat das sowieso nichts mehr zu tun.

Spricht Kai Campos über den „horny sound“ des neuen Songs „Made To Stray“ seines Elektro-Duos Mount Kimbie, kann er sich ein Lachen über die Doppeldeutigkeit nicht verkneifen. Was er meint, ist der chaotische, bläser-ähnliche Sound, der den treibenden Beat unterstützt. Dieser bricht im finalen Akt auf und bringt über eine Ohrwurm-Melodie Lyrics ins Spiel. So schaffen es die Londoner innerhalb von fünf Minuten von britischer Bassmusik zu Pop und zeigen, dass sie der „Post-Dubstep“-Schublade – deren Betitelung ihnen zugeschrieben wird – entkommen sind.

2008 verpflichtete Paul Rose alias Scuba, einer der Chefscouts des Dubstep und Begründer des Labels HotFlush, Mount Kimbie und veröffentlichte ihre EP „Maybes“. Das mit Field Recordings versehene Titelstück hatte nur noch über das Motiv des gebrochenen Garage-Beats etwas mit Dubstep zu tun und fand weit über Genregrenzen hinaus seine Fans. Nachdem das 2010er-Debüt von Campos und Kollege Dominic Maker, CROOKS & LOVERS, 2010 zum Kritiker- und Fan-Konsens wurde, stand für den Ende Mai 2013 erscheinenden Nachfolger COLD SPRING FAULT LESS YOUTH der Wechsel zu Warp an. Für Campos eine klare Entscheidung: „Wenn Warp anruft, dann legst du nicht auf.“ Das Signing liegt ganz auf der aktuellen Linie von Warp. Das aus Sheffield stammende Label hatte erst vor wenigen Monaten einen anderen Dubstepgone-Pop-Act aufgenommen: Darkstar.

Für die Aufnahmen zu Album Nummer zwei zog der ehemalige Schlafzimmer-Act Mount Kimbie in sein erstes eigenes Studio. Alles sollte eine Spur professioneller werden. Der Fehler, der in vielen Produktionen ihrer Kollegen nur zu gerne im Track bleibt, um den greifb arer zu gestalten, wird mittlerweile ausgeschlossen. „Wir haben mit unserem Tontechniker noch mal unser erstes Album durchgehört und er fragte, ob seine Boxen kaputt wären. Dabei haben wir einfach nur beim Mixing geschlampt“, sagt Maker. Er erzählt von der neuen Tradition des 30. Takes, von den ewigen Rufen nach einem neuen Versuch und davon, wie sehr er es schätzt, im fertigen Song die Entstehung herauszuhören. Ob dieser dann Dubstep, House oder Pop geschimpft wird, könnte ihm nicht egaler sein.

Als Last haben Mount Kimbie die Genre-Diskussion sowieso nie empfunden, eher als Starthilfe. Campos: „Uns hat das geholfen, überhaupt Gehör zu finden. Über das Label wird ein Begriff diktiert, gegen den man nichts ausrichten kann. Aber wenn er den Leuten zur groben Orientierung hilft, warum nicht?“

Einem größeren Publikum werden Mount Kimbie in diesem Jahr als Support von The xx bei deren Night-&-Day-Festivals ein Begriff werden.

Albumkritik S. 86