Klappe zu


Elvis war aller Laster Anfang. Der King schlüpfte in jede alberne Filmrolle, und seither macht schlechtes Schauspiel bei Musikern Schule. Vier neue Produktionen mit Popgrößen warten auf den Start, doch rühmliche Ausnahmen sind selten. Müssen wir uns das noch mitansehen?

Free Jack ist mit Abstand das beste, was je in einem Kino gezeigt wurde. „Kann sein, daß Mick Jagger das emst meint. Schließlich grimassiert der Mann höchstpersönlich in diesem Science Fiction-Thriller von Geoff Murphy. Symptomatisch jedenfalls für das erbärmliche Wirken von ehrenwerten Musikern im Film ist „Free Jack“ und Jaggers Haltung dazu allemal: Selbst im Vergleich zu dem eher minder begabten Emilio Estevez wirkt Jagger als futuristischer Killer ungefähr so überzeugend wie Julia Roberts als Country & Westem-Vokalistin. Wieso hat es noch immer kein Regisseur geschafft, dem munteren Mick mehr als einen Gesichtsausdruck zu entlocken? Julien Temple, sein Regisseur im dampfigen Promo-Stück „Running Out of Luck“, meint “ Mick Jaeger ist zu sehr Medienmensch. Sein ¿>¿

Über-Ego als Sexsymbol läßt keinen Raum fürfeine Gesten. „Es gibt auch eine andere Theorie: Kann es sein, daß er zum Schauspieler einfach nicht taugt? Und kann es sein, daß das ungefähr für 97% aller mimenden Rockmusiker zutrifft? Wieso aber läßt man das zu? Blanker Zynismus ist die Antwort: Der populäre Musikant zieht eben mehr Zuschauer ins Kino als ein seriöser Mime mit Ausbildung und Ambition. Das ruinöse Ergebnis dieser Bauernfängerei ist den Herren an der Registrierkasse gleichgültig. Paradebeispiel Elvis Presley: in über 30 schlechten Filmen spielte er mit und verdiente damit tatsächlich eine goldene Nase. Möglich, daß die Produzenten von Madonna, Michael Jackson und Prince Ahnliches im Sinn hatten. Das Ergebnis ist bekannt: Prince und Michael Jackson wetteifern um die Ehre, die schlechtesten Filme der Welt mitgestaltet zu haben, und Madonna ist inzwischen als Seuchenvogel der Branche ein gern verspottetes Opfer, — daran ändern auch Miniauftritte in seriösen Filmen wie Woody Aliens „Schatten und Nebel“ nichts.

Mysterium in der Grauzone zwischen Plattenerfolg und Filmpleiten ist die verhängnisvolle Bereitschaft anerkannter Musiker, sich immer wieder zu leinwandgroßen Lächerlichkeiten zu machen. Geld allein kann es doch wohl nicht sein? Tina Turner wenigstens ahnt, daß sie nicht für Kinodramen geboren ist: „Was ich brauche, sind Abenteuer, Explosionen, Monster. “ Bisher hat sie uns nur mit einem Irrwisch-Fummel in „Mad Max 111“ beglückt. Aber „Der Wechsel zur Leinwand ist in meinem Alter der einzig vernünftige Schritt!“ Schauspielerei als Beschäftigungstherapie im Rentnerheim? Roger Daltrey, Bob Dylan und Mick Jagger könnten den Vorsitz im Rentner-Club der zelluliden Profilneurotiker einnehmen und brav Beitrag kassieren vom musizierenden Fußvolk der Filmversager: Herbert Grönemeyer, Kylie Minogue, Suzanna Hoffs, Debbie Harry, Iggy Pop, Cyndi Lauper oderNena…

Die wenigen Ausnahmen der Regel sind schnell genannt David Bowie hat sich durch seinen steten Image-Wechsel zeitlebens in der Schauspielerei zu Hause gefühlt — in seiner Filmographie von „Der Mann, der vom Himmel fiel“ bis „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ findet man dementsprechend wenig Schrott Sting gelingt es wenigstens in kleineren Rollen vergessen zu machen, daß er der Heilige aus dem Regenwald ist und Marius Müller-Westernhagen steht als markig-erdiger „Theo“ sowieso außerhalb jeder Glaubwürdigkeitsdiskussion. Vielleicht gelingt das Kunststück ja auch einem anderen Local Hero: „Tote Hose“ Campino dreht zur Zeit mit Hanns Christian Müller (Kehraus) in München an „Langer Samstag“, einer Kaufrausch-Komödie. Clou: Er verliebt sich in Gisela Schneeberger! Ein kleines bißchen Horrorschau?