Knastagnetten


Üblicherweise machen sie Millionen glücklich. Nun haben Konzertveranstalter Probleme mit Millionen.

Der Prozess und die Verurteilung des Konzertgiganten Marcel Avram wegen Steuerhinterziehung sorgte wochenlang für Schlagzeilen. Auch die Probleme, die Avrams Kollege Matthias Hoffmann mit den Strafverfolgungsbehörden hatte, waren ein gefundenes Fressen für die Medien. Und prompt fühlen sich all jene bestätigt, die immer schon davon ausgingen, daß Konzertveranstalter in der ohnehin von vielen als halbseiden angesehenen Pop-Branche eine Bande semiseriöser Vorteilsnehmer seien. So ließ sich der Vorsitzende Richter im Hoffmann-Prozeß zu der Vermutung hinreißen, daß „offenbar die ganze Branche mit Schwarzgeld arbeitet“. Hoffmann packte aus, und plötzlich erinnerte die Lage an einen jener Mafiaprozesse, bei denen sich der Angeklagte als Kronzeuge eine Strafminderung erhofft. Diejenigen, die von Hoffmanns Erzählungen vor dem Mannheimer Landgericht nichts Gutes erwarteten, erwirkten entweder hastig einstweilige Verfügungen oder gaben an, mit Herrn Hoffmann noch nie im Leben etwas zu tun gehabt zu haben. Ganz klar, Hoffmann ist der Bad Guy, der eine ganze Branche in Verruf gebracht hat. Rund 23 Millionen Mark soll Hoffmann am Fiskus vorbei lanciert haben, Schwarzgeld, von dem allerdings auch Künstler und ihr Management profitiert haben sollen. So behauptet Hoffmann, daß von den Erlösen aus dem „schwarzen“ Ticketkontingent, die 1992 beim Auftritt von Genesis am Hockenheimring zusammenkamen, über die Hälfte an das Management der Band geflossen sei. Und auch Die drei Tenöre, Hoffmanns Aushängeschilder, sollen angeblich abkassiert haben. Denn laut Steuergesetz müssen ausländische Künstler in Deutschland 25 Prozent ihrer Gagen abführen.Tun sie es nicht, haftet der Konzertveranstalter. „Wenn Die drei Tenöre ihre Steuern in Deutschland bezahlen würden“, klagt denn auch Hoffmanns Anwalt Alexander Keller, „wäre mein Mandant entlastet“. Wie dem auch sei. Daß es auch in der Konzertbranche schwarze Schafe gibt, ist nicht anders als in anderen Wirtschaftszweigen. Einen ganzen Berufsstand, nämlich den der Konzertveranstalter, wegen einzelner Vergehen in Mißkredit zu bringen, geht denn aber doch deutlich zu weit. Mit dem in Deutschland insgesamt erwirtschafteten Schwarzgeld aus allen Bereichen könnte man wahrscheinlich sein persönliches Weltraumprogramm finanzieren. Daher wirkt es befremdlich, eher kleine Nummern wie Konzertveranstalter als Abkassierer der Nation abzustempeln. Fritz Rau, Grandseigneur der deutschen Konzertszene, im Branchenblatt „Musikwoche“: „Neben großen Kulturereignissen entstehen in unserem Gewerbe auch Veranstaltungen von äußerster Banalität. Da liegt für viele der Unterschied zwischen uns und den Klassikpromotern: Das ist nämlich das hehre Gewerbe der E-Musik, und da werden zig Millionen Mark an Steuergeldern verbraucht; oft zur Erhaltung eines für mich unverständlichen Luxus.“