L’Age D’Or Livefest


DASS L’AGE D’OR ALS HAMBURGER Indie-Bastion ihr Livefest zum zehnjährigen Firmenjubiläum ausgerechnet im Rahmen der Busineß-Börse Popkomm in Köln abhält, sei ihm von einigen Leuten angekreidet worden, erzählt LADO-Chef Carol von Rautenkranz, der heute abend den Conferencier macht. Er selbst sieht’s entspannt: Am Popkomm-Wochenende kommen so viele Musikfreunde an den Rhein – warum nicht möglichst viele mit Geburtstag feiern lassen? Nun, sie sind scheint’s alle gekommen. Die Live Music Hall ist hoffnungslos überfüllt. Zur Eröffnung des Abends hat man gerade den jüngsten und zugleich anachronistischsten LADO-Act Jonas gehört. Die machen Grunge, der erfreuen kann, soweit man geneigt ist, englisch gesprochene Ansagen, abgepausten Cobain-Habitus und halbherzig zerdeppertes Gerät jugendlicher Unbelecktheit zuzuschreiben – man schwitzt und dürstet. Grabenkämpfe über Indie-Credibility interessieren da momentan nur so mittelstark. Rettung naht in Gestalt der Sterne, die in Kürze zu einer der beliebten Lauter-Lieblingslieder-Shows anheben werden, zu denen sich ihre Konzerte stets fast zwangsläufig auswachsen. Eingeflogen aus ihrem Studio, wo sie gerade an neuen Songs arbeiten, sind Thomas Wenzel, Frank Will, Christoph Leich und Frank Spilker gut eingespielt. Und genauso souverän und entspannt erledigt die funky-ste Nicht-Funkband des Planeten ihren Part auch. Etwas kopflastiger wird’s anschließend: die LADO-Urgesteine Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs stellen ihr neues Album „Leichte Teile – Kleiner Rock“ vor, wirken mit Carsten Hellbergs diffizilen Texten zu sperrigen Gitarrenflächen vordem partygierigen Publikum aber etwas undankbar plaziert. Dann darf wieder arschgewackelt werden: Die Aeronauten rocken vehement das Haus, allen voran Vorstand Olifr Maurmann, der trotz gemütlicher Leibesfülle über die Bühne fegt, als gelte es, Eddie Van Haien auszustechen. Auch hier: Lauter Lieblingslieder, zwischen freundlicher Elektronik, Soul, Country und Punk. Spät ist’s geworden, auch backstage weicht die Anspannung zunehmend gelöster Laune. Die Neo-Waver Stella überraschen als unangekündigte Spezialgäste mit einem 20minütigen Set, dann sind sie endlich da: die Teen-Sensation, die deutschen Nirvana, die wichtigste deutsche Band der letzten Jahre etc. etc.: Tocotronic steigen auf die Bühne, und die Herzen fliegen ihnen zu. Dirk von Lotzow, Jan Müller und Arne Zank machen nicht nur den dritten Lauter-Lieblingslieder-Set des Abends klar, sie haben auch ein eigenes Jubiläum anzubieten: fünf Jahre Tocos nämlich, „und aus diesem Grund gibt’s jetzt ein neues Stück!“ Es heißt „Schlag es zurück“ und darin geht es: „Die Alltäglichkeit, die man uns jederzeit aus vollen Fässern zapft, macht uns nicht mehr betrunken, sondern vielmehr bewußt, daß das Unglück überall zurückgeschlagen werden muß.“ Jetzt ist es drei durch. Keine Alltäglichkeiten. Betrunken geworden. Unglück zurückgeschlagen. Für heute zumindest. Feines Fest eben.