Leere Halle, voller Rausch


HAMBURG. Um eine gebeutelte Nation wie Deutschland in den ultimativen Rausch zu versetzen, ist der Zeitpunkt momentan schlecht gewählt. Nur runde 300 Rock-Süchtige verschlug es in die sommerlich heiße Hamburger Markthalle, um sich die Schweiß-Drönnung des Kölner Fünfers abzuholen. Rausch irritierte dieses natürlich überhaupt nicht, und durch das allseitige Lob für ihr neues Album „Good Luck“ bestens motiviert, starteten sie durch wie eiskalte Ami-Profis. Mit meist drei Gitarren und ultrasolider Rhythmus-Arbeit war einmal mehr Lynyrd Skynyrd präsent, eine Band, deren Einfluß bis heute stets unterschätzt wird.

Überhaupt: Sie möchten woanders geboren sein. Trotz aller aufgesetzten Distanz ist so schlicht und schön hingefetzter Glam-Pop wie „Tunes Of Yesterday“ in seiner technischen Perfektion berauschend, in seiner Substanz jedoch schal. Letztlich wird die große Vergangenheit, die auf der Brit-Insel oder in California stattfand, doch nur angehimmelt. Darüber helfen auch keine launigen Scherze und bemüht ironische Ansagen des Ober-Rauschs Peter Sarach hinweg, der als Kreuzung aus einem schlecht frisierten Ray Davies und einem fahrigen Rio Reiser auch nicht gerade goldene Brücken ins Heute baut.

Trotz aller Anleihen: Die neuen Rausch-Songs beeindrucken mit enormem Sinn für Sound und Energie. Wie gut die beiden Gitarristen M.T. und Eddy van Helder wirklich sind, zeigt sich in gebremsten Fetzern wie“.Walk On Water“ oder dem originellen „Yeah Love“. wo das kleine ABC des Spannungsaufhaus mit Akribie und Disziplin vorgeführt wird. Man fühlte sich an jenen historischen Abend erinnert, als vor einem ähnlich spärlichen Auditorium eine andere, inzwischen recht erfolgreiche Combo ihren ultimativen Hamburg-Gig ablieferte: Guns N‘ Roses. Rausch gelang zumindest das kleine Wunder, mit leichler Hand aus einem recht leeren Haus einen vollen Live-Erfole herauszuquetschen.