MUSIKEXPRESS: Geht’s gut?

INGA HUMPE: Doch, danke. Obwohl ich im Moment ständig Aussteigerphantasien habe. Ich stelle mir vor, in Südfrankreich zu sein, Straßenmusik zu machen, in Saint Tropezbei den Yachten rumzuhängen; Tommi meinetwegen auch, wenn er Lust hat mitzukommen. Eingeladen werden, egal von wem. Hauptsache reich, Hauptsache Champagner. Dann spiele ich da Gitarre. Ein Anfall von Späthippietum? Vielleicht auch. Als ich 17 war, sind wir alle da runtergefahren, wollten unbedingt Mick Jagger treffen; es hieß, die Stones hätten dort eine Villa gemietet und würden wilde Orgien feiern. Damals haben wir die nicht gefunden. Ich glaube, das ist noch so eine offene Rechnung von mir.

Auf eurem neuen Album es wird morgen sind Elemente aus 30 Jahren Musikgeschichte zu hören: viel Elektronik, aber auch mehr akustische Sachen als sonst. Wie würdest du denn die Platte beschreiben ?

Widersprüchlich. Gestern habe ich alles in Ruhe durchgehört und festgestellt, dass es drei Bereiche gibt: Eleganz, Wirbel, „Homie“. Fast wie eine klassische Symphonie. Inhaltlich ist es ein Album über Kommunikation. Das hört sich nicht so sexy an, ist es aber. Wobei es nicht direkt um Sex gehen muss. Dos Titelstück handelt von einer Frau, die keine Liebe findet. Kannst du dich damit identifizieren? Immerhin seid ihr, Tommi und du, seit zehn Jahren ein Paar.

Es passiert ja immer mal, dass man sich täuscht oder mehr ins Verliebtsein verliebt ist als in den jeweiligen Typen. Am besten finde ich die Zeile „Seine Sachen sind schon weg/für einen guten Zweck.“ Für den möglichst eleganten Übergang vom Verliebtsein zum Zusammenleben gibt es kein Rezept. Man kann sich aber immer wieder neu verlieben, neu zusammenfinden. Irgendwie ist die Liebe ja so ein Zickzackkurs; viele wollen eine Beziehung, sind aber einzelgängerische Typen, die deshalb im ständigen Konflikt mit sich und dem Partner stehen.

Alle Frauen, die ich kenne, finden 2raumwohnung toll. Macht ihr Frauenmusik ?

Keine Ahnung, aber mich freut das. Ich wollte immer was machen, was Frauen stärkt, ihnen aus der Seele spricht, ohne das aber fett an die Glocke hängen zu wollen. Ich will nicht sagen, dass ich ein Rollenmodell bin, aber wenn, dann für die Sorte Frau, die das macht, was sie machen möchte, aber trotzdem keine gestörte Egotripperin oder Einzelkämpferin ist, sondern eine Beziehung und viele liebe Freunde hat.

Bist du auch ein moralisches Vorbild?

Ich lese gerade ein Buch über die Sexgöttinnen im Hollywood der 2oer/3oer. Sodom und Gomorrha, was da abging! Die hatten Verträge mit den Filmfirmen, in denen sie einwilligten, keinen außerehelichen Geschlechtsverkehr zu haben. Dabei haben die wirklich mit JEDEM geschlafen, es ging wirklich drunter und drüber. Schlimmer als im deutschen Popgeschäft der 80er. Wir waren harmlos dagegen. Obwohl, ab und zu haben wir auch mit unseren Chefs geschlafen. Ich rate allen Mädchen, dieses verkrampfte Sichbeschränken sein zu lassen. Das ist unnatürlich. Ich finde es Unsinn, dass, wenn du Sex mit einer Person hast, sofort der Sex mit allen anderen Personen einzustellen ist. Das wird dann kontrolliert, versprochen und doch gebrochen. Ich finde, Sex ist Spaß, Kommunikation, Sex ist wie ein gutes Essen.