ME.STYLE im Interview mit dem Design-Duo Therapy: Wie kann denn Upcycling Exorzismus sein?


„DYI - Mach's Dir selbst!“ lauten die Maxime der Schwestern Mariangeles und Paula Aguirre. Mit ihrer Fashion-Performance auf der Bread & Butter 2016 gaben sie einen Eindruck ihrer Designs und haben bei ME.STYLE damit ins Schwarze getroffen. Wir wollten wissen: Wer sind die Style-Schwestern und was steckt hinter ihrer Upcycling-Klamotte?

 

Die toughen Frauen hinter Therapy: Mariangeles und Paula Aguirre
Die toughen Frauen hinter Therapy: Mariangeles und Paula Aguirre

Für die Schwestern Mariangeles, 36, und Paula Aguirre, 32, ist Mode Therapie. Deshalb entschieden sie sich auch für den Namen THERAPY Recycle & Exorcise, als sie 2012 mit ihrem Label starteten. Für ihre Designs verwenden sie ausschließlich gebrauchte Materialien und unterziehen sie einem „Exorzismus“. In der Modebranche wird das Upcycling genannt.

Für die gebürtigen Argentinierinnen ist es vor allem eine Methode, um einen nachhaltigen Kreislauf zwischen Konsument und Produzent zu schaffen. Auf der Bread & Butter 2016 haben sie ihre Werke exemplarisch vorgeführt. ME.STYLE hat sich anschließend mit ihnen über Nachhaltigkeit, Punk und Konsumverhalten unterhalten.

ME.STYLE: Wie ist Therapy entstanden?

Mariangeles: Für mich war das eine kreative Therapie. Ich befand mich in einer Identitätskrise, die viel damit zu tun hatte, dass ich eine Migrantin in Berlin bin. Kleidung selbst herzustellen war eine Möglichkeit, meine eigenen Geister auszutreiben und sie in etwas Positives zu verwandeln.

Welche Wertvorstellungen spielen da mit?

Wir nehmen Materialien von Leuten, die sie nicht mehr brauchen oder kaufen sie wohltätigen Organisationen ab, die den Erlös zurück an die Menschen geben. Das ist ein natürlicher Kreislauf, so sollte es sein.

Spielt Umwelt dabei eine Rolle?

Eine sehr große sogar! Wenn du gebrauchte Dinge verwendest, ist das die beste Möglichkeit, um für Nachhaltigkeit zu sorgen. Deshalb bezeichnen wir unsere Arbeit auch gerne als Exorzismus: Du nimmst etwas Fehlerhaftes und machst daraus etwas Schönes.

Was habt Ihr mit Punk zu tun?

DIY hat in den 1970er-Jahren begonnen und wurde durch die Punk-Bewegung bekannt. Da steckt schon alles drin: Mach’s selbst, mach’s anders und folge nicht den Ansagen von großen Labels. Das hat etwas Rebellisches an sich. Wir wollen keine passiven Konsumenten sein und Lügen kaufen, sondern einfach unsere Persönlichkeit durch unsere Kleidung ausdrücken.

Zerissene Hosen, zerschnittene Tops: Die Schwestern drücken mit ihrer Kleidung ihre Persönlichkeit aus und machen alt zu neu.
Zerissene Hosen, zerschnittene Tops: Die Schwestern drücken mit ihrer Kleidung ihre Persönlichkeit aus und machen alt zu neu.

Seid Ihr nicht Teil der Konsumgesellschaft, wenn Ihr Eure Mode verkauft und so automatisch Trends kreiert?

Ja, wir verkaufen unsere Produkte, um unsere Idee zu unterstützen. Aber Geld zu verdienen ist dabei nicht unser Ziel, wir haben noch nicht einmal einen Online-Shop (lachen). Wir verwenden nur die Materialien, die uns zur Verfügung stehen. Das macht jedes Stück einzigartig. Wir halten auch Workshops zu Fast-Fashion und Konsumverhalten, weil wir zeigen wollen, dass es Alternativen zu den großen Modeketten gibt.

Im Moment gibt es den Trend zurück zum Ursprung zu gehen. Das sehen wir auch bei den großen Marken hier auf der Bread & Butter: Sie offenbaren den kreativen Prozess und sagen den Konsumenten, ‚ihr entscheidet selbst‘. Das ist großartig. Aber wir haben dort angefangen.

Wie würdet Ihr Eure Mode beschreiben?

Als eine riesige Collage aus Rock- und Punk-Musik, Filmen, Persönlichkeiten und Kunst.

Bread & Butter
Bunt, punkig und durchzogen von Denim: So sieht die Mode von Therapy für den kommenden Winter 2016/17 aus.