Melodien für Millionen


Independent ist als anspruchsvolle Alternative zu seichtem Hochglanz- Pop massentauglich geworden. EFA vertreibt die wichtigsten Labels.

„Indie-Pop hat es in den Mainstream geschafft“, analysiert EFA-Mitarbeiter Quintus Kannegießer. „Mitte der 8oer Jahre haben Major-Konzerne begonnen, Indie-Bands und ganze Labels einzukaufen, um auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppen einzugehen. Dadurch ist vieles beliebig geworden, aber auch vieles gewachsen.“ Eine Entwicklung also, die durchaus ihre guten Seiten hat: Dank einer breiteren Etablierung von Indie-Pop ist die Akzeptanz beim Publikum größer geworden. Höchste Zeit für den ME, mit Hilfe von Kannegießer und seinen Kollegen Wolfgang Thoma (A&R-Chef) und Björn Brauer (Labelmanager für Indie-Rock & -Pop) eine CD-Beilage zu produzieren, die einen Querschnitt durch die aktuelle Independent-Szene aus dem EFA-Katalog liefert. Eine Szene, die nach mindestens sieben dürren Jahren wieder in Bewegung ist. So sprießen plötzlich überall Kleinst-Plattenfirmen aus dem Boden, die sich von der alten, verwässerten „Indie“-Terminologie trennen, um mit der Selbstklassifizierung als“Free Labels“ Eigenständigkeit auszudrücken. Firmen wie Jeepster, Shifty Disco, Kitty-Yo und das EFA-Hauslabel Clearspot konnten mit kompromisslosen Qualitätsansprüchen ein individuelles Profil entwickeln und gleichzeitig schwarze Zahlen schreiben. Grund genug auch für Dick Green, einst Alan McGees Partner bei den Oasis-verwöhnten Creation Records, mit Wichita ein beschauliches „Qualitäts-Label“ zu gründen. „Kleine Kreativzellen“ nennt Kannegießer diese Labels. „Dort passieren die wirklich interessanten Sachen. Mit diesen Unternehmen haben wir erfreulicherweise gute Beziehungen.“ Und Dank der gelungenen Zusammenarbeit zwischen Label und Vertrieb konnten Bands wie Belle & Sebastian, Go-Betweens und Kante sogar Charts-Erfolge verbuchen. Möglich geworden ist das zum einen durch ein anspruchsvolleres Publikum, zum anderen durch ein engagiertes EFA-Team. Über 80 Leute – darunter viele Musiker – helfen in Deutschland und Europa zusammen, „Labels zu entdecken und dann zu etablieren“, wie es Brauer ausdrückt. „Es ist wichtig, im Tempo der Labels und der mit ihnen verbundenen Künstler zu handeln. Bevor man an den Umsatz denkt, geht es um künstlerische Gesichtspunkte. Förderung im kleinen Rahmen, anstatt mit einer Großaktion alles platt zu walzen“, so Kannegießer, der sich über das Wiedererstarken der Indie-Szene freut. „Wie in den 8oern wird wieder Musik ohne Kalkül und ohne Hochglanz gemacht. Und trotzdem ist es in der Anlage groß“, sagt er und breitet die Arme aus. „Da sind schon Melodien für Millionen dabei.“ Schöner kann man das künstlerische Konzept der ME-CD in unserer Mai-Ausgabe nicht umschreiben.