Monsters Of HipHop: Washington DC, Nissan Pavillon


Outkast, Lauryn Hill, The Roots, Jurassic 5 und Truth Hurts. Klingt nach einem gelungenen Festival, oder?

Da, wo sich Eichhörnchen und Stinktier gute Nacht sagen, eine gute Stunde entfernt von Washington DC, steht auf einer großen Wiese der Nissan Pavillion. Der beschauliche Name täuscht: Der „Pavillion“ ist eine riesige überdachte Freiluft-Arena für mehr als 15.000 Zuschauer. Im Rahmen der Smokin‘ Grooves Tour spielen heute abend Outkast, The Roots, Lauryn Hill, Jurassic 5, Truth Hurts und Cee-lo. Also HipHop mit Credibility und hohen Verkaufszahlen.

Was zuerst auffällt: Das schwarzweiß gemischte Publikum sieht unglaublich nett und harmlos aus. Wer über 21 ist und ein grünes Armband trägt, darf Bier für sieben Dollar pro Flasche trinken. Kiffen ist strengstens verboten – immer wieder patrouillieren Polizeistreifen über das Gelände. Zwei weiße Vorstadt-Kids zünden sich trotzdem einen Joint an. Völlig verschüchtert und in Handschellen werden die ertappten Jungs zu einem Streifenwagen geschleift. HipHop ist hier ganz offensichtlich kein temporärer Freiraum, keine Möglichkeit unter Gleichgesinnten zu sich selbst zu finden. Statt Breakdance und Graffiti gibt es Werbespots von Nissan.

Immerhin – die Musik ist exzellent: Nach dem schweißtreibenden, mit reichlich Bläsern und Percussion aufgepeppten Auftritt von Cee-lo ertönt nach einer kurzen Umbaupause die Erkennungsmelodie von Dr. Dre. Mit dramatischer Geste tritt die R&B-Sängerin Truth Hurts ins Licht, begleitet von den anfeuernden „Uuuhhs“ und „Aaaahhs“ ihres Backing-Chors, Die 30-Jährige aus St. Louis ist die erste Frau, die der Doktor auf seinem Aftermath-Label unter Vertrag genommen und produziert hat. Ihr mit indischem Gesang verzierter und ein wenig an „Paid in Full“ erinnernder Hit „Addictive“ ist schlicht umwerfend.

Kurz darauf thront auf der Bühne ein gigantischer, hoch gekippter Plattenspieler. Dampfend öffnet sich der Plattenteller und heraus hüpfen Jurassic 5. Die vier Rapper und zwei DJs lassen Old-School-HipHop wie das allerneueste Ding klingen. Vor allem die Turntable Tricks der DJs Cut Chemist und DJ Nu-Mark sind atemberaubend. Auch die Raps Hießen so elegant wie ein sündhaft teures Olivenöl. Lauryn Hills Auftritt verspricht kontrovers zu werden. Schon das kürzlich veröffentlichte ‚MTV Unplugged No. 2‘-Alburn der Ex-Fugees Sängerin war umstritten. Doch die 30 Minuten ihres Solo-Auftritts sind ein Desaster: Allein mit einer scheppernden Gitarre begleitet sie die überwiegend neuen Songs – keiner davon hätte es auf „The Miseducation…“ geschafft. Lauryns Stimme bebt, schnappt gelegentlich über, während sie mit finsterer Miene zornige Texte ins Publikum schleudert. Ein trauriges Schauspiel.

Wie glücklich machend ist da das Spektakel der Roots. Die Arena ist inzwischen gut gefüllt und fast alte tanzen oder schwenken die Arme. Wie eine Jazzband wirkt das Kollektiv aus Philadelphia, mit seinem komplexen Geflecht aus vertrackten Rhythmen, unterschiedlichsten Vocals und wilden Improvisationen. Vor allem der neue Song „The Seed“, von und mit dem Gast Cody Chestnut, wird zum Highlight des Abends.

Von Outkast bleibt die Erinnerung an den unglaublichen, vermutlich in stahlhartem Training geformten Oberkörper von Andre 3000. Die Musik ertrinkt in einem Brei aus Hall. Selbst Hits wie „Ms. Jackson“ sind kaum zu identifizieren.

Nach den für deutsche Maßstäbe unglaublich perfekt inszenierten Shows bleibt dennoch ein recht schaler Nachgeschmack: HipHop gab früher vielen Leuten das Gefühl, selber Teil der Kultur zu sein, im Nissan Pavillion regiert nur die spröde Effektivität eines Groß-Events: Heute „Smokin‘ Grooves“, nächste Woche „Ozzfest‘ – alles irgendwie egal, oder?

www.truthhurts.de

www.outkast.com

www.laurynhill.com

www.jurrasic5.com