Müde vom Metal?


Die schwedische Band Tiamat überrascht ihre Fans mit fragilen Klängen.

Nein, weich geworden sei er nicht,erklärt Johan Edlund, musikalischer Kopf der schwedischen Metal-BandTiamat. Genau das aber kriegt Edlund von vielen seiner alten Fans -allesamt gestandene Metal-Recken – zu hören. Die Band, die sich nach einer bösen Gottheit des babylonischen Pantheons benannte, begann ihren Weg an die Spitze der Pink Floyd-Enkelgeneration (einer Generation aus neuen progressiven Träumern) mit satanisches Metal-Klischees. Ihr ’94er Album „Wildhoney“ bedeutete schließlich den Durchbruch zu breiteren Hörerschichten. Erstmals reicherten Tiamat darauf die bodenständigen Gitarrenriffs um sphärische Soundlandschaften an. Und genau das war die musikalische Mischung, mit der sich die Band schließlich einen Namen machte. In der Folgezeit fühlte sich Johan darin bestärkt, seine musikalischen Ziele ohne Rücksicht auf die Erwartungen der konservativen Metal-Szene durchzusetzen. So auch auf dem neuen Album. Der Titel der Platte, die Edlund zusammen mit befreundeten Sessionmusikern eingespielt hat, ist denn auch eine augenzwinkernde Anspielung in Richtung der alten Fans.“ADeeper Kind Of Slumber“(frei übersetzt: „Der tiefste Tiefschlaf“) befällt nämlich jene Fans aus der Lärmfraktion, welche die hypnotischen Klangreisen hören, die den progressiven Teil von „Wildhoney‘ ausmachten und auch den Rohentwurf für die aktuellen Tiamat-Werke darstellen. Johan läßt das alles ziemlich kalt. Er setzt sogar noch einen drauf, indem er sich als glühenden Pink Floyd-Verehrer bezeichnet. Ein Imitator indes will der Tiamat-Mann nicht sein. „Die größte Gefahr meiner Arbeit sehe ich darin, am Ende blind für die Umgebung zu sein und wie ein Kind zu versuchen, ein unerreichbares Vorbild zu imitieren“. Dieser selbstkritischen Aussage stehen mindestens zwei Eigenschaften Edlunds entgegen: Zum einen ist da die bekennende Offenheit, mit der er sein Scheitern in zwischenmenschlichen Belangen in seine Musik hineinmalt („Musik ist die Sprache, in der ich meine Gefühle, Liebe oder Haß, ausdrücke, aber Musik ist auch die Hure, die bisher jede Beziehung meines Lebens zerstört hat“). Zum anderen ist da diese Offenheit, mit der Edlund sich moderner Technologien bedient. Tiamats Musik ist gitarrendominiert, aber nicht retro-orientiert. Moderne elektronische Klänge von Future Sound Of London, Orbital oder Everything But The Girl werden ebenso verarbeitet wie das kosmische Dröhnen der 70er. Vom puren Imitat irgendwelcher Vorbilder kann also keine Rede sein.