Muse – Hamburg,


Junge, mach mal locker: Matthew Bellamy reißt sich selber um. Für die einen ist das Katharsis, für andere Krampf.

1999, auf dem Hurncane-Festival, spielten Muse das erste Mal in Deutschland. Es war heiß, viel zu früh am Tag und nur wenige Leute hatten sich ins große Zelt geschleppt, um diese Band zu sehen, von der man bisher nur ein Lied kannte:“.Uno‘.‘ Und wie frästen uns Muse an diesem Nachmittag durch die porösen Schädeldecken! Wie rührten sie mit himmelsstürmenden Riffs in unseren von Rauschmitteln zersetzten Hirnmassen! Wie zerrte Matthew Bellamys Falsett-Gesang an unseren Adoleszenten-Herzen! Knallpeng verknallt. Wenig später erschien das Debütalbum, da waren nurvierwirklich gute Lieder drauf, aber immerhin.

Und wie Bellamy leidvoll jauchzte! Seine Fäustchen ballte wegen all der Emotionen, die da aus seinem schmächtigen Körper wollten! Muse wurden hernach Stück für Stück zu Superstars des Teenangst-Rocks. Ihre Musik wurde pompöser und pathetischer, weil es das ist, was die Leute so an der Muse-Musik mögen.

Die Leute finden das mittlerweile in derart großer Stückzahl toll, dass Muse zweimal hintereinander in der Großen Freiheit spielen müssen. Da sind wir jetzt. Die etwa 1.300 Besucher am ersten Abend sind im Schnitt 20, und wer früh genug da ist, guckt sich gerade Cave In an, die auf ihrem jüngsten Album antenna vom Hardcore kommend dem Prog-Rock entgegen musizieren und sich viel Mühe geben, möglichst komplexe Lieder zu spielen. Zeitgleich versuchen sie, so cool wie möglich ihre Körper zu halten, was ein bisschen lackaffig wirkt.

Das ist halt der Schmock im Alternative-Rock. Der Schmock ist ein Angeber und er steckt auch ein bisschen in Muse. Die kommen jetzt auf die Bühne und die Leute tillen aus. Der Geräuschpegel liegt weit über gesund, noch bevor die erste Klampfe klingt. Auf der Bühne sind schmale Leuchten verteilt wie in einem 7os-Raumschiff, im Hintergrund eine Leinwand. Matthew Bellamys Keyboard ist mit Metalt verkleidet, er spielt das Intro vom jüngsten Album Absolution, die Leute brüllen. Und so geht das weiter: Bellamy an der Gitarre, „Muscle Museum“ – Meute macht Massenpogo. Hat man schon lange nicht mehr in der Großen Freiheit gesehen, solche kollektive körperliche Katharsis. Muse fahren das ganz große Drama auf. Sie spielen ein sauber austariertes Set mit fast allen Hits, wirken wild an ihren Instrumenten und fabrizieren eine mächtige Klangwand, unter der den Liedern bisweilen die Luft ausgeht. Und Bellamy, klar, schreit sich wund in gefährlichen Höhen. Und geht auf die Knie und ballt die Fäustchen, während auf der Leinwand Sonnen aufgehen. Das ist zuweilen, als würde die Larmoyanz eines Maximilian Hecker mit dem Pathos von Manowar und dem Musizierverständnis von Dream Theater kollidieren und auf modern machen. Kann man lieben. Kann man aber auch ganz schön schnell ganz schön satt haben. Die meisten hier sind jedoch hungrig nach Bellamys Gefühlsüberschwang, nach der Theatralik seiner Lieder, die aus jedem Selbstzweifel eine universelle Erschütterung machen. Zum Schluss spielt die Band“.Blackout“, schwarze Luftballons schweben von der Decke, und Matthew reißt derart wüst seine Gitarre herum, dass er ihr hinterherstol- ! pert, auf die Knie fällt, sich dann an einen Verstärker lehnt, selbigen auf sich zieht . und liegend noch ein bisschen rumzuckt und Lärm macht. Früher waren Muse . nicht besser, aber ihr Theater war klei- , ner und alles wirkte irgendwie – echter.>>> www.muse-official.com Und? Wie war’s?

Ich fands hervorragend. Die Videoprojektionen waren geil und der Sound echt gewaltig. Eine monströse Show. Die Leute gingen auch mächtig ab. Ich war emotional berührt. Einmal habe ich fast geweint. Felix Heinrich, 25 Dos war mir viel zu perfektionistisch. Eine reine Darstellung. Alles schien irgendwie einstudiert. Da war keine große Nähe zum Publikum. Mehr fällt mir dazu nicht ein. Wenn mich was nicht berührt, kann ich dazu auch nicht so viel sagen. Mira Schöne, 22 Matthew kann die kompliziertesten Sachen spielen und dabei trotzdem durch die Luft wirbeln. Außerdem singt er so gut wie kaum ein anderer. Und auch wie das alles aufgebaut war, das mit den Luftballons, die Filme und so – das war alles ziemlich beeindruckend. Simon Wagner, 18