ME Liste

Das sind die 100 besten Debütalben aller Zeiten


MUSIKEXPRESS hat die besten 100 Erstlinge gewählt. Von Wanda bis The Velvet Underground, here we go.

60
Liz Phair
EXILE IN GUYVILLE
1993

Einmal, nach etwa zwei Minuten, singt sie „yeah“, und es klingt so, als wäre sie wirklich SEHR zufrieden mit dem, was sie macht. Dieser Aus- im Opener „6’1““ hat jede Berechtigung: Das Debüt der Musikerin aus Chicago glänzt mit seinem Mix aus vergangenheitsbewusstem Bluesrock, Balladenmaterial und expliziten Texten bis heute. (Jochen Overbeck)

Was danach geschah: Phair wurde zu einer großen, nicht nur geliebten Songwriterin: Dass sie mit LIZ PHAIR 2003 in den Mainstream-Rock wechselte, wurde ihr nie so recht verziehen.

59
Pearl Jam
TEN
1991

 

Während Nirvana sich auf Noise und Punk beriefen, machten Pearl Jam keinen Hehl aus ihrem Hang zu Hardrock, Außenseiter-Hymnen und Ballonmützen. So wütend, pathetisch und zwingend wie auf ihrem Dreifach-Platin- und Diamant-Debüt wurden sie nie wieder, dafür oder deshalb zu einer der beständigsten Rockbands der Welt. (Fabian Soethof)
Was danach geschah: Pearl Jam wurden die Grateful Dead des Grunge: Nach mittlerweile elf Alben und Hunderten offiziellen Live-Bootlegs steht ihre nächste Tour an – es wird nicht ihre letzte sein.

58
Weezer
WEEZER
1994

Vier adrett gekleidete Typen schreiben zwar nicht unmelancholische, aber immer gut nach vorne gehende Popsongs und lassen die auch noch von Ric Ocasek produzieren. Einer der besten, „Buddy Holly“, findet sich später sogar auf der „Windows 95“-CD-Rom. Los Angeles holte sich mit diesem Album die Rock-Deutungshoheit von Seattle zurück: Sonne statt Regen! (Jochen Overbeck)

Was danach geschah: Weezer sind heute die komischen Verwandten, die man trotz Nervfaktors zu seiner Party einlädt. Dort spielen sie dann Van-Halen-Songs.

57
Die Ärzte
DEBIL
1984

 

„Claudia hat ’nen Schäferhund“. War witzig. „Paule heißt er, ist Bademeister“. Dochdoch, das war witzig. Heute würde man sagen: aber halt nicht sehr woke. Aber damals eher so: wahnsinnig witzig. So was hatte sich bis dahin niemand getraut, erst recht keine Punks, vor allem keine deutschen Punks. Wurde auch gleich auf den Index gesetzt und blieb da 20 Jahre. (Thomas Winkler)

Was danach geschah: Aus dem Witz wird die größte deutsche Popband. Kein Witz.

56
Captain Beefheart & His Magic Band
SAFE AS MILK
1967

Anders als alle anderen: Die Mixtur aus archaischem Wüsten-Blues, wimmerndem Theremin, Garagenrock und Dada-Lyrik projizierte zeitgenössischen Blumenkindern wohl ein Fragezeichen auf die Stirn, zumal Käpt’n Don Van Vliet auch noch gurrte, grunzte und röhrte wie ein enthemmtes Wildschwein. Ziemlich genial, das alles. (Uwe Schleifenbaum)

Was danach geschah: Trotz Förderung Frank Zappas beendete Van Vliet 1982 seine Musikkarriere und widmete sich der Malerei.

55
Massive Attack
BLUE LINES
1991

Geboren aus dem Schoß der Kolchose Bristols, dem Soundsystem Wild Bunch, wurde dieses multi-ethnische Wunderkind mit Vorfahren im Soul, Reggae, House, HipHop und Space-Rock zum Wunderkind, das seiner Zeit so weit voraus war, dass man ihm erst drei Jahre später einen Namen gab: TripHop. Dies ist das erste Album seiner Art. (Stephan Rehm Rozanes)

Was danach geschah: Mit PROTECTION und MEZZANINE folgen weitere Meisterwerke. Im 21. Jahrhundert halten Massive Attack ihren guten Namen eher als Klimaschützer und gefeierter Live-Act aufrecht.

54
Blumfeld
ICH-MASCHINE
1992

 

„Zeittotschläger laufen um ihr Leben. Für fünf Mark Freiheit und für dreißig Mark Bier“. Die Band mit dem Namensbezug hin zu Kafka wurde zum Poetry-Fetisch für eine ganze Generation Gymnasiasten mit Deutsch-LK-Hintergrund. (Linus Volkmann)

Was danach geschah: Der Schlager-Kurs von OLD NOBODY (1999) verzückte, verstörte und bekräftigte den Stempel Diskurs-Pop, der Blumfeld bis zur Auflösung 2007 nie mehr verließ. Jochen Distelmeyer scheiterte überraschend mit seinem Roman „Otis“. Sporadische Reunion-Touren der Band seit 2014.

53
Missy „Misdemeanor“ Elliott
SUPA DUPA FLY
1997

Die erste Hälfte der 90er verbrachte Elliott damit, zusammen mit ihrem Highschool-Buddy Timbaland Tracks für so ziemlich jeden großen R’n’B-Act der USA zu schreiben. Dann trat sie selbst ins Rampenlicht und wurde mit einem vor Kreativität berstenden Album, spektakulären Videos, die das dominante Frauenbild auf den Kopf stellten, zum schillerndsten Star der Hip-Hop-Szene. (Stephan Rehm Rozanes)

Was danach geschah: Nach fünf weiteren tollen bis fantastischen Alben wird die Welt seit 15 Jahren mit verheißungsvollen Comeback-Teasern verrückt gemacht.

52
Iggy Pop
THE IDIOT
1977

 

1971 lernte David Bowie den von ihm verehrten Iggy Pop kennen. Nach erster Kollabo auf der dritten Stooges-LP traf sich das Paar 1975 wieder. Beide mieteten sich in der Schöneberger Hauptstraße 155 ein, um zu entgiften. Parallel diente Pop als Bowies Versuchskaninchen, um dessen von deutschen Elektronik-Pionieren wie Neu!, Cluster und Kraftwerk inspiriertes Klangkonzept zu proben. Es entstanden Klassiker wie „Funtime“ und „Nightclubbing“. (Mike Köhler)

Was danach geschah: Die Zusammenarbeit führte noch im selben Jahr zum elektrolosen LUST FOR LIFE.

51
Nine Inch Nails
PRETTY HATE MACHINE
1989

Skateboard. Modellflugzeuge. Klavier. Das ist das Interessenstriple, aus dem Trent Reznor seine Alterna-Rock-Blaupause schraubt. Düster und metallisch im Unterbauch, aber eben auch melodiös und pop-affin durchwirkt, kommt sein brachialer Sound daher, kurzum: die perfekte Industrial-Erweiterung des aufkommenden Rock-Revivals, an dem zeitgleich in Seattle gedrechselt wird. (Ingo Scheel)

Was danach geschah: Filmmusiken. Marilyn Manson. Oscar. David Bowie. Johnny Cash.

50
The Band
MUSIC FROM BIG PINK
1968

Sie wollten nicht auf ewig die Backing-Band von Bob Dylan sein. Also nahmen Robbie Robertson, Rick Danko, Levon Helm, Garth Hudson und Richard Manuel diese Songs zwischen Rock, Folk, Country und Rhythm & Blues auf: Heute sagt man Americana dazu. Nichts wirkt einstudiert, trotzdem greift alles genial ineinander. (David Numberger)

b>Was danach geschah: Die Abschiedsshow von 1976 wurde als „The Last Waltz“ zur Ikone. Martin Scorsese hat den Film dazu gemacht.

49
Suicide
SUICIDE
1977

Im Ursumpf der New Yorker Glamrockszene 1970 von Vokalist Alan Vega und Keyboarder Martin Rev gegründet, erlebte das auf Schockmoment geeichte Duo seinen Durchbruch erst in der Punk-Ära. Vegas provokante Botschaften, unterfüttert von Revs Minimal-Elektro-Beiträgen, hakten sich im Unterbewusstsein fest: harsche Analysen über den Niedergang des American Way Of Life. (Mike Köhler)

Was danach geschah: Das Duo trennt sich 1980, gelegentliche Reunions folgen bis Vegas Tod 2016.

Rolling Stones & Beatles: Über die Urgewalt des schlechten Geschmacks

48
Devo
Q: ARE WE NOT MEN? A: WE ARE DEVO!
1978

David Bowie und Iggy Pop erhielten 1977 Demos von der Truppe aus Akron, Ohio. Sowohl sie als auch Brian Eno und Robert Fripp gedachten zu produzieren. Eno machte das Rennen. Zeitweise agierten im Studio auch Holger Czukay und Dieter Moebius. Unterm Strich sprangen motorisch sperrige Punk-Klassiker und ein uriges Stones-Cover heraus. (Mike Köhler)

Was danach geschah: „This is the band of the future!“ Trotz Bowies Prophezeiung blieb der Erfolg überschaubar.

47
Tocotronic
DIGITAL IST BESSER
1995

Wie viel Charme und Kraft im Unperfekten liegt, beweist diese Platte, auf der sogar noch ein „Drum Coach“ für Schlagzeuger Arne Zank geführt wird. Der Hype um Hamburger Acts und deutsche Texte erreicht hiermit mühelos und in den legendären Trainingsjacken das nächste Level. (Linus Volkmann)

Was danach geschah: Lichterloh brennend stieg diese Band bereits ein – so lag dann auch zwischen Debüt- und Folge-Album (NACH DER VERLORENEN ZEIT) nicht mal ein halbes Jahr.

46
Siouxsie & The Banshees
THE SCREAM
1978

 

Die männliche Konkurrenz hatte längst Plattendeals, bei Siouxsie mussten erst Fans die Stadt plakatieren, bis Polydor zuschlägt. Eine vorzügliche Entscheidung, denn Siouxsie und ihr Stamm hatten des Postpunks erstes Opus im Köcher, mal saxofonesk- versponnen wie „The Switch“, dann opernhaft wie „Overground“, zerstörerisch wie „Helter Skelter“. (Ingo Scheel)

Was danach geschah: Von null auf Ikone binnen einer Albumlänge: Siouxsie Sioux zwischen Gothic und New Wave.

45
Beastie Boys
LICENSED TO ILL
1986

Ihren Weltruf als grenzeneinreißende Innovatoren zementierten sie gleich beim Debüt, mit dem sie vom Skate-Punk zum HipHop sprangen, und letztgenanntes Genre damit erstmals auf Platz 1 der USA packten. Dennoch schufen sie hier ein Monster: Mit der Parodie auf tumbe Party-Hits „(You Gotta) Fight For Your Right (To Party!)“ landeten sie eine tumbe Party-Hymne und vom Sexismus in Songs wie „Girls“ sollten sie sich vorbildlich wie nachdrücklich distanzieren. Kennt man ihren weiteren Werdegang, lässt sich dieses Album gut genießen. (Stephan Rehm Rozanes)

Was danach geschah: Ein Hakenschlag folgte dem anderen, von Jazz zu Noise, from Disco to Disco. Einzige Konstante: moralisch Oberwasser behalten. Do the right thing.

44
Bloc Party
SILENT ALARM
2005

Die Class of 2005 haben sie mit dem vor Kraft strotzenden Drummer Tong, dem damals herausragenden Songwriter Okereke und der Energie Hunderter Bands als Notenbeste abgeschlossen. Träne im Knopfloch und Schweißperle auf den Tanzschuhen. SILENT ALARM hatte alles und ist auch über 15 Jahre später das definitive Statement der ganzen Englandbrennt-Welle. (Christopher Hunold)

Was danach geschah: Wir hüllen den Mantel des Schweigens über den neuen Sound der Neubesetzung.

43
The Jesus & Mary Chain
PSYCHOCANDY
1985

Ihren Pop Marke Beach Boys verstaute die Schotten unter Tonnen von Distortion. Dort schimmert und glänzt er bis heute, just wie Honig. An anderer Stelle schleifen die Dekaden schon mal einiges an zeitgenössischer Schärfe ab, nicht so bei Jesus und Maria: Songs wie „You Trip Me Up“ oder „Never Understand“ sind bis dato schmerzhaft schön. (Ingo Scheel)

Was danach geschah: Drummer Bobby Gillespie streicht die Segel, Primal Scream zeigen sich erfreut.

42
The Clash
THE CLASH
1977

Ihren Pop Marke Beach Boys verstaute die Schotten unter Tonnen von Distortion. Dort schimmert und glänzt er bis heute, just wie Honig. An anderer Stelle schleifen die Dekaden schon mal einiges an zeitgenössischer Schärfe ab, nicht so bei Jesus und Maria: Songs wie „You Trip Me Up“ oder „Never Understand“ sind bis dato schmerzhaft schön. (Ingo Scheel)

Was danach geschah: Drummer Bobby Gillespie streicht die Segel, Primal Scream zeigen sich erfreut.

41
Run-D.M.C.
RUN-D.M.C.
1984

Hier beginnt die Geschichte des HipHop als weltweit dominierender Jugendkultur. Die Beats bollern, das ist Hardcore. Das Sampling entwickelt eine neue Sprache, die Raps sitzen wie die Hüte auf dem Cover. Was RUN-D.M.C. darüber hinaus machen: Pop – als Musik für die Gegenwart des Jahres 1984, die gar nicht so weit von der 2021er-Version entfernt ist. (André Boße)

Was danach geschah: LP Nummer drei, RAISING HELL, macht die deutsche Turnschuhfirma Adidas zur Weltmarke.