Neville Brothers


„Going to New Orleans“ hieß das Motto des Abends. Und die Rahmenbedingungen für den Trip ins Delta-Country waren stilecht: ein hochsommerlich feuchtheißer Abend im schwärzesten deutschen Süden, ein heruntergekommener Club mit stickiger Sauna-Atmosphäre und in diesem Gewölbe das dicht an dicht gepackte Publikum, das aus allen Poren schwitzte.

Geschwitzt wurde auch auf der Bühne. Denn Art, Aaron, Charles und Cyril Neville kochten zusammen mit ihren Mitstreitern an Drums, Baß und Gitarre ein gepfeffertes Bayou-Süppchen – und das wahrlich nicht auf rhythmischer Sparflamme. Die brodelnde Live-Atmosphäre eines vollen Party-Kellers, die so ganz und gar nichts von der sterilen Perfektion der üblichen Shows berühmter Kollegen hat, scheint die Brüder zu inspirieren und anzustacheln. So kam nicht ein glattes Konzert zustande, sondern eine fast schon familiäre Einheiz-Session.

Diese gute Stimmung ließ sogar darüber hinwegsehen, daß die Akustik alles andere als ideal war: Saxophon und Gesang konnten sich gegen die wuchtigen Schläge der Bass Drum nicht recht durchsetzen; Hall und Verzerrungen scheinen die Folge der schwierigen räumlichen Verhältnisse im „Nachtwerk“ zu sein.

Aber warum spielten die Brüder nur drei Songs von ihrem neuesten Album? Warum legten sie einen Trumpf wie die aktuelle Single „Bird On A Wire“ gleich am Anfang auf den Tisch? Da drängte sich die Vermutung auf, daß sie die neuen Songs nur als Pflichtprogramm vorstellten: Nach der Single kam der Titelsong „Brother’s Keeper“ und später dann noch „Brother Jake“, eine ideale Live-Nunimer für hitzige Funk- und Soul-Sessions.

Wer die leichte Enttäuschung ob des Mangels an aktueller Songware überwand, kam dennoch auf seine Kosten – mit einem vollen Programm der besten Nevilles-Nummern von „Fiyo On The Bayou“ bis zu „Yellow Moon“. Mit Überraschungs-Titeln wie „Love The One YouVe With“ von Crosby, Sülls, Nash & Young und „One Love“ von Bob Marley. Mit einer bestens geölten und hundertprozentig aufeinander eingespielten Band und überhaupt einer von Anfang bis zum Ende spannenden Session. Und mit der nach wie vor traumhaften Stimme von Aaron Neville, deren Vibrationen noch immer wohlige Schauer zwischen Schulterblatt und Nierengegend provozieren. Nur schade, daß diese Stimme allzu sehr mit der „Nachtwerk“-Akustik zu kämpfen hatte und daß Aaron nicht wenigstens „Fearless“ sang, den herausragenden Song vom neuen Album.

Der Ausflug ins Bayou-Country hat sich trotzdem gelohnt. Verschwitzt zogen Scharen zufriedener Südstaatler heimwärts durch die schwüle Nacht des Isar-Deltas.