Nie mehr dieses Kartoffel – Feeling


Splifff sind wieder im Studio. Seit fast einem Jahr experimentieren die einst so erfolgreichen Deutsch-Rocker mit einem englischen Sänger,— aber ohne ihren alten Trommler: Herwig Mitteregger gefiel sein Solo-Ausflug so gut, daß er der Band, bei der er sich schon lange nicht mehr wohl fühlte, endgültig ade sagte.

Irgendwann auf der letzten Spliff-Tournee war es. Herwig Mitteregger, eigentlich der Trommler der Berliner Band, der aber zunehmend auch als Sänger aktiv wurde, schlenderte während des Sound-Checks durch die Halle. Von weitem betrachtete er, wie auf der Bühne getrommelt wurde: Curt Kress saß da oben und gleichzeitig hämmerte ein ganzes Arsenal von Maschinen. „So weit waren wir also gekommen“, erinnert sich Mitteregger und schüttelt bei dem Gedanken noch heute ungläubig den Kopf, „da hauen wir schon den besten Schlagzeuger Deutschlands, aber selbst das war uns nicht genug. Wir brauchten auch noch den Rhythmus-Computer dazu!“

Spliff, so sieht es Herwig Mitteregger heute, wurde ein Opfer ihres hausgemachten technischen Over-Kills. Und wenn es einmal darum gehen sollte, etwas zu ändern, dann fehlte ein starker Mann, der sagte, wo’s langgeht, der eine Entscheidung einfach durchsetzen konnte.

Diese Probleme hat Herwig Mitteregger nicht mehr, seit er sich entschieden hat, alles selbst zu machen und dafür lieber ein paar Nummern zurückzuschalten. Seit der Trennung von Jim Rakete ist er auch sein eigener Manager. Gerade erschien jedes Mal, Mittereggers dritte Solo-LP, die er schon nicht mehr unter dieser Bezeichnung anpreisen möchte: „Das ,Solo‘ kannste streichen, weil es ja nichts mehr gibt, was ich sonst noch mache. „

Der Österreicher Mitteregger zog den Schlußstrich unter seine Zeit mit Spliff so gründlich, daß er auch Berlin verließ. Seit Anfang des Jahres wohnt er in Köln und fühlt sich wohl. „Ich wollte einfach ein Mensch sein, der stolz auf sich sein kann. Nicht mehr diese ewigen Kompromisse. Jetzt mach ich nur noch das, was ich will und muß mich mit keinem absprechen. Ich hab meine Musiker, aber wir sind keine Band, wir leben nicht zusammen. „

Arbeiten und leben in einer Band. Herwig Mitteregger muß das zum Schluß so sehr gegen den Strich gegangen sein, daß er dafür nachträglich das boshafte Wort vom „Kartoffel-Feeling“ erfunden hat. Und wenn er zurückblickt, wie er immer wieder überredet wurde, daß es aus taktischen Gründen weitergehen müsse, daß Spliff doch ein Name sei, den man nicht stehen lassen sollte, daß man dies und das aber nicht machen könne, dann ärgert er sich, daß er nicht schon früher ausgestiegen ist. Dann wäre er heute vielleicht schon weiter.

Nahziel ist die nächste Tour. Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres will sich Mitteregger in kleinen und mittleren Hallen wieder als der ehrliche Handwerker beweisen, als der er sich begreift: „Am meisten reizt mich, irgendwo zu spielen, wo ich die Leute beim letzten Mal nur beinahe gekriegt habe und nun zu spüren: .Diesmal schaff ich es.'“

Sicher, ein Hit wäre auch nicht schlecht. Ein, zwei Stücke, die sich gut im Radio spielen ließen, seien schon jedesmal drauf auf seinen Platten, erklärt Herwig Mitteregger halb zur Rechtfertigung, aber durchaus mit Stolz. Auch wenn das dann doch nicht klappt: Von den ersten beiden LPs konnte er jeweils 70.000 Stück verkaufen und steht damit für deutsche Verhältnisse recht gut da.

Als Fernziel träumt Mitteregger von etwas, wovon alle deutschen Musiker zu träumen scheinen: Filmmusik. Daß man bei unserer gegenwärtigen Film- und Fernsehszene damit kaum auf einen grünen Zweig kommt, ist ihm aber klar. „Dann mach ich eben Kleinkunst“, erklärt er trotzig. Und wie zum Beweis für sein Talent auf diesem Gebiet imitiert er plötzlich Hanns Dieter Husch, den er bewundert.

Grundsätzlich sei er jetzt für alles offen, sagt er. Musiker, Kleinkünstler, Comedien — nur „ein bißchen müsse es sein. Oder anders gesagt, mit einem Ausspruch von Rod Stewart, den Mitteregger auch für sich voll unterschreiben würde:

„Ich krieg diese Leopardenflecken nicht weg.“