‚Nix Wie Bessher‘: Die runderneuerten BAP mit Konzeptalbum


Wolperath, ein kleines Dorf zwischen Bonn und Köln. Zwei Kleinbusse rollen über die vom letzten Schauer noch feuchte Landstraße, bremsen unvermittelt und biegen in ein mit hoher Hecke umgebenes Grundstück ein. Vor einer halb verfallenen Scheune stoppen die Wagen und spucken ihre Passagiere aus: ein Dutzend blasser, unscheinbarer Gestalten in dunklen Anoraks – Rockjournalisten. Gegenüber der alten Scheune ein gemütliches Bauernhaus und ein kleines Zelt. Die cremeweißen Zeltwände sind mit blauen CD-Covers und einem überdimensionalen BAP-Foto dekoriert. In wenigen Minuten gibt’s hier in „Conny’s Studio“ das neue BAP-Album zu hören, Titel: ‚Amerika‘ (Kritik siehe Service Express).

Die Journalisten versuchen, die drei neuen Bandmitglieder zu identifizieren. Denn bei BAP ’96 ist ‚Nix Wie Bessher‘ (so heißt die neue Single): Ende letzten Jahres quittierten die beiden Langzeit-Compadres, Manfred „Schmal“ Boecker und Steve Borg, nach 16 Jahren den Dienst. Wolfgang Niedecken gibt zu, daß es im Verlaufe der Trennung Überlegungen gab, das erfolgreiche Deutschrock-Unternehmen ganz an den Nagel zu hängen: „Wir hatten endlose Telefonkonferenzen, und der Gedanke, BAP aufzulösen, tauchte tatsächlich auf. Aber wir wollten weitermachen.“ Warum stiegen die beiden aus? Niedecken: „Es war wie in einer alten Ehe: Man kennt sich ewig und hat sich nichts mehr zu sagen. Schon bei der Arbeit an ‚Pik Sibbe‘ machte sich das bemerkbar. Es gab keine Kommunikation mehr. Und so können wir nicht arbeiten.“

Die vakanten Posten waren schnell besetzt: ex-Wolf Maahn-„Deserteur“ Werner Kopal übernahm den Baß. Jens Streifling (git, sax., harp) kam von Niedeckens Leopardefell-Band. Und Mario Argandona sorgt jetzt für den rechten Percussions-Drive. Gitarrist Klaus Heuser: „Die drei fordern uns viel stärker, sie sind allesamt Koryphäen auf ihrem Gebiet.“

Also Aufbruch zu neuen, angesagten musikalischen Ufern? Mitnichten. BAP waren noch nie ‚Wellenreiter‘ und bleiben sich auch auf ‚Amerika‘, das von der Plattenfirma etwas großspurig als Konzeptalbum verkauft wird und die US-Besatzung von Köln zum Thema hat, treu. Heuser: „Wir sind eine der wenigen deutschen Bands, die man nach den ersten Takten erkennen kann. Und darauf sind wir stolz.“ Niedecken ergänzt: „Das wäre doch albern: Sollen wir uns etwa unsere Hosen unterhalb der Knie abschneiden, die angesagten Turnschuhe anziehen und mit Skateboard auf die Bühne gehen?“ Recht hat er. Schließlich trägt man in der Südstadt die Haut blaß und die Jeans eng, schwarze Cowboystiefel und Lederjacken gehören zum guten Ton. Und BAP sind so wie das Umfeld, dem sie entstammen – authentisch.

Zurück nach Wolperath: Nach gemeinsamem Abendessen mit der Band werden die Journalisten mit einem Geschenkkarton verabschiedet. Inhalt: ein Bildband über die ersten Nachkriegswochen in Köln, eine Packung ‚Lucky Strike‘, Marshmellows und Kaugummi satt. Merke: Amerika liegt in der Südstadt.