Public Enemy, Paris, Elysee Montmatre


Ob diese Gruppe noch relevant ist? Die Regierung von Paris jedenfalls ließ vorsichtshalber die Plakate abnehmen. Eine großartige Show und ein volles Haus konnten trotzdem nicht verhindert werden.

„Fight The Power“, bellte Chuck D von der Bühne, „bis ihr bekommt, was euch zusteht vor allem eine ordentliche Ausbildung!.“ Für solche Statements ernteten Public Enemy in Paris ebenso Beifall wie für die zahlreichen Aufrufe zu Frieden und Gewaltlosigkeit, auch wenn die wichtigsten Adressaten dieser Appelle zum Zeitpunkt der Show in den Vororten Autos abfackelten, da sie sowieso keine 45 Euro für eine Eintrittskarte aufbringen konnten. Mitte November war der Regierung der franzosischen Hauptstadt, die eben erst erklärt hatte, daß man die Banlieus „mit dem Hochdruckreiniger von Gesindel befreien“ wolle, das Konzert der politischen Rap-Gruppe ein Dorn im Auge gewesen. Absagen liess sich die Show zwar nicht mehr, immerhin aber erreichte man, daß sie nicht beworben werden durfte. „Die haben aus irgendeinem Scheißgrund die Plakate abgenommen“. wetterte Chuck D auf der Bühne und bedankte sich, daß der stilvolle Saal am Fuße der Sacre Coeur trotzdem bis zur Rückwand gefüllt war. Das mehrheitlich weiße Publikum erlebte eine Show mit fantastischem Unterhaltungswert: Vom Opener „Prophets Of Rage“ bis zu den Zugaben präsentierten Public Enemy ein höchst amüsantes Best-Of-Set mit fast allen Hits („Don’t Believe The Hype“, „911 Is A Joke“, etc.) und ein paar willkommenen Überraschungen wie „He Got Game“ und „Give It Up“. Daß PE, die von drei ausgezeichneten Live-Musikern und DJ Lord, der seit 1999 Terminator X vertritt, begleitet wurden, ihr neues Material von NEW WHIRL oder mit Ausnahme des Titelsongs ignorierten, ging bei all dem Wahnsinn, der sich ständig aut der Bühne abspielte, völlig unter: Es gab absurde Turneinlagen bei „Welcome To The Terrordome“ – Chuck D, Flavor Flav und Professor Griff pumpten Liegestützen, während die uniformierte „Security of the First World“ mit Säbeln militärische Choreographien abspulte-, manische Karale-Kicks von Griff und eine furiose Scralch-Orgie, während der Flavor, der heimliche Star des Abends, auf dem Rucken lag und mit den Beinen strampelte. Lediglich das Finale (Hendrix‘ „Purple Haze“. das in eine lange Fassung von „Fight The Power“ überging) wollte kein rechter Höhepunkt sein, da Flavor nach dem Ende auf der leeren Bühne zurückblieb, um einen drögen Monolog über seine in Frankreich nicht ausgestrahlte TV-Show zu halten. Selbst das Saallicht konnte ihn nicht stoppen: „Oh. Moment, ich geh nur schnell ans Schlagzeug, ich muß euch noch einen Beat vorspielen …“ Trotzdem Gute Nacht sagt: Christoph Lindemann.

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