Reinard Mey


ER MACHT ES ANDERS ALS DIE ANDERN. ALLES. MIT DEN KOLLEGEN VON DER POP-MUSIK HAT ER NICHTS GEMEINSAM. ER LÄSST SICH KEINE HITVERDÄCHTIGEN SONGS NACH MASS SCHREIBEN ER SCHREIBT SELBST.

Er lässt sich nicht von geschäftstüchtigen Managern hochjubeln — er ist sein eigener Herr. Er pflegt kein Image und hat keinen wohlklingenden Künstlernamen – – er nennt sich schlicht beim Namen, den seine Eltern ihm gegeben haben. Er hat keine imposante Band — ihm genügt seine Gitarre. Er steht allein auf der Bühne – und so will er es. Und er kann sich das erlauben. Spätestens beim dritten Lied wird das Publikum es wissen. Es wird ihm fasziniert zuhören, nicht allein seiner Stimme, seinem Instrument – sondern seinen Texten wegen. Denn er hat etwas zu sagen.

Dieser Meinung sind offenbar auch seine Verehrer, denn er erhielt bis heute 4 goldene Schallplatten, wobei man mit Sicherheit sagen kann, dass ‚Mein achtel Lorbeerblatt‘ die Fünfte werden wird. Bei den Singles liegt sein ‚Annabelle‘ schon seit langem stark im Rennen und nach Abschluss seiner derzeitigen Tournee haben ihn etwa 1 Million Zuhörer gesehen! Wer also ist dieser Reinhard Mey? Ein Träumer? Ein Phantast? Ein Aussenseiter? Es scheint, er ginge etwas abwesend durch die Welt, aber das täuscht. Seine grossen braunen Augen beobachten, registrieren unentwegt. In ihm geht etwas vor, ständig. „Frei von Gedanken bin ich nie,“ sagt er. Er sieht was heute in der Welt geschieht, sieht Menschen, Situationen – mit wachem Blick. Und was er sieht wird in einem Song verewigt, teils lyrisch-poetisch, teils kritischsatirisch, meist aber humorigvergnügt.

Reinhard Mey versteht sich auf sehr verschiedene Register. Nicht weil er ‚für jeden etwas‘ bieten möchte, sondern weil ihm alle am Herzen liegen. Er singt für die Liebe und gegen den Krieg. Er liebt die leisen Töne, aber er bringt sie unsentimental, ohne Kitsch. Wenn er wunde Punkte im Zeitgeschehen aufdeckt, dann nicht auf die lautstarke Art. Von Protestsongs hält er nichts. Er will, dass man ihm zuhört. Dass man denkt. Nachdenkt. Aber was will er bewirken? „Schildern, was vorgeht, ungeschminkt, unsentimental, ehrlich ohne Zirkus, für Toleranz werben und wie gesagt die Menschen zum Nachdenken bringen. Und natürlich das wichtigste – ich will ihnen ein bisschen Freude machen. Ich schreibe und singe nur, was ich wirklich meine,“ sagt er selber und meint es auch so. Reinhard Mey, 30 Jahre, Juristensohn aus Berlin und ehemals Student der Betriebswirtschaft, ist trotz alledem ein anspruchsloser Mensch geblieben. Er hat keinen tollen Wagen, keine Villa mit Swimmingpool, keine gewinnbringenden Kapitalanlagen im Hintergrund. Er lebt fast wie am ersten Tag seiner Karriere. Zur Arbeit braucht er ein Ringbuch (für Texte), seine Gitarre, seinen Arbeitstisch in der Zweizimmerwohnung seines Berliner Elternhauses. Hier wird zu Vers und Ton, was ihm am Herzen liegt. Aber wie ist er Privat? Mey über Mey: „Nach aussen vorwiegend heiter. …,aber im Grunde genommen wohnen zwei Seelen in meiner Brust. Zur Hälfte bin ich unstet, impulsiv, ich liebe das Hektische, die Turbulenz, das Engagement, das immer neue Abenteuer. Zur anderen Hälfte bin ich aber auch nachdenklich und sensibel. Ich bin kein ‚Ellenbogen-Typ‘, aber zum Glück geht es meist auch ohne!“

Und kritisch ist er, vor allem selbstkritisch.

Er hat keine besondere Masche, er rechnet sich auch nicht im Voraus seine Chancen aus und dennoch hat er Erfolg mit seiner Arbeit.