AI Green – I Can’t Stop
Unter den Soulstars hatte Gott nie einen größeren Verehrer als Al Green. Für die kirchlichen Ambitionen opferte der Sänger sogar seine Pop-Karriere und nahm lange Zeit nur noch Gospelplatten auf. Eigentlich aber ist der Herr im Himmel gar nicht mal so streng. Als Dank für die Loyalität gestattet er seinem Schüler ab und zu einen Ausflug in weltlichere Sphären. Vor zehn Jahren erschien zuletzt ein Soul-Album von Al Green. Unterstützt von Arthur Baker und den Fine Young Cannibals wagte er damals mit dont look back eine vorsichtige Erneuerung, die allerdings nicht jedem gefiel. Nun kehrt Al Green wieder zu dieser Musik zurück, und die alten Fans wird es freuen, dass sich der Sound dieses Mal originalgetreu an Greens große Zeiten vor dreißig Jahren anlehnt. Zum ersten Mal seit 1977 hat der Sänger wieder ein Album in den Royal Studios seines einstigen Spezis Willie Mitchell in Memphis aufgenommen. Sogar einige Bandmitglieder von früher haben dabei wieder Hand angelegt. Das Resultat reicht vielleicht nicht ganz an die epochale Qualität von Platten wie im still in love with you oder call me heran, doch die Songs haben alles, was den Meister auszeichnet: robuste Rhythmen, kräftige Bläsersätze, perfekt platzierte Gesangsbackings und natürlich Al Greens Stimme, die auch nach den vielen Gottesdiensten überhaupt nicht gelitten hat. Sie breitet sich auf einem weitflächigen Stilterrain aus, das bis in den Blues und den New-Orleans-Funk hineinreicht. In seinen Songs wimmelt es nur so vor Anspielungen auf die Monogamie und vor flehendem Bitten, es doch diese Nacht nicht allzu doll zu treiben. Nun, wenn Reverend Green meint. Als Hörer verfällt man angesichts der zeitlosen Autorität dieses Originals so oder so in ein Delirium der Glückseligkeit. Oh Herr, entlasse Reverend Al Green doch bitte noch ein bisschen öfter in unsere Welt der Sünde!
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